Ausbildungsinhalte für Höhe der Betreuervergütung entscheidend

Auf die betreuungsrelevanten Kenntnisse kommt es an

Der Fall: Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über den Vergütungsantrag einer Betreuerin zu entscheiden, die einen Stundensatz von 33,50 € aufgrund ihrer abgeschlossenen Ausbildung zur Physiotherapeutin beantragt hatte. Sie hatte sich auf besondere Kenntnisse im Sinne von § 4 Satz 1 Satz 2 VBVG berufen.

Erhöhter Stundensatz von 33,50 € aufgrund vorangegangener Ausbildung?

Das Beschwerdegericht hat aufgrund dieser Ausbildung der Betreuerin einen erhöhten Stundensatz zugesprochen. Die Staatskasse jedoch hatte Rechtsbeschwerde eingelegt mit dem Ziel, den niedrigsten Stundensatz von 27,00 € festzusetzen.

Beschluss des BGH vom 06.04.2016, Az. XII ZB 43/16

Der BGH folgte dem Beschwerdegericht insoweit, als ein erhöhter Stundensatz aufgrund vorangegangener Ausbildung gerechtfertigt sein kann, wenn diese Ausbildung in ihrem Kernbereich darauf ausgerichtet ist, betreuungsrelevante Kenntnisse zu erhalten.

Erforderlich sei die Feststellung, dass ein erheblicher Teil der Ausbildung solches Wissen vermittle, und dass diese Kenntnisse über ein Grundwissen deutlich hinausgehen. Es würde nicht ausreichen, durch Lebenserfahrung, Fortbildung oder Berufspraxis diese betreuungsrelevanten Kenntnisse zu erwerben, sondern maßgeblich sei eine konkrete Betrachtung des tatsächlichen Inhalts der vorangegangenen Ausbildung. Bei der Prüfung muss aufgrund des erkennbaren zeitlichen Aufwands oder anderer Anhaltspunkte feststehen, dass ein erheblicher Teil der Ausbildungszeit auf die Vermittlung solches Wissens fällt. Der BGH verwies auf seinen Beschluss vom 15.07.2015, Az. XII ZB 123/14.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wurde aufgehoben, weil es den Inhalt der Ausbildung nicht ermittelt habe, sondern ohne nähere Prüfung einfach davon ausgegangen sei, dass die Ausbildung der Physiotherapeuten in ihrem Kernbereich medizinische Kenntnisse vermittelt.

Dabei wurden jedoch keine Feststellungen zum Umfang und Anteil des für die Betreuung nutzbaren Wissens an der gesamten Ausbildung der Betreuerin getroffen. Es fehlte auch die Feststellung, ob bzw. inwieweit das angenommene, für die Betreuung nutzbare Wissen über reines Grundwissen hinausgeht.

Das Erlernen physiotherapeutischer Behandlungstechniken gehört für sich genommen nicht zu den Ausbildungsinhalten, die im Rahmen einer rechtlichen Betreuung nutzbar sind.

Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis

Sie sollten Ihren Vergütungsanspruch immer gut begründen. Wenn Sie einen höheren Betrag als 27,00 € geltend machen wollen, erläutern Sie, weshalb Ihre Ausbildung im Kernbereich darauf ausgerichtet war, betreuungsrelevante Kenntnisse zu vermitteln.

19. Oktober 2016 | Kategorie: Corinna Hell, Urteile |