Betreuervergütung bei einem Hochschulabschluss M.A. Politikwissenschaft

Dieser Stundensatz kann Ihnen als Berufsbetreuer zustehen

Der Fall: Eine Berufsbetreuerin hatte den erhöhten Stundensatz von 44,00 € gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG geltend gemacht und berief sich auf eine abgeschlossene Hochschulausbildung, in der sie sich im Hauptfach mit dem Schwerpunktbereich „politisches System der BRD“ sehr viel mit Verfassungsrecht und den Grundrechten auseinandergesetzt habe.

Die Bezirksrevisorin hatte die Herabsetzung des Stundensatzes auf 27,00 € als gerechtfertigt angesehen, weil politikwissenschaftliche Veranstaltungen keine Bezüge zum Betreuungsrecht aufweisen. Zivilrecht würde lediglich einen Teilbereich des Studiums erfassen, das 4. Buch des BGB sei schon gar nicht behandelt worden.

Das Amtsgericht Bad Kreuznach hat den Stundensatz in Höhe von 44,00 € jedoch als zutreffend erachtet und der Beschwerde der Bezirksrevisorin nicht abgeholfen.

Beschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 14.12.2016, Az. 1 T 185/16

Das Landgericht (LG) Bad Kreuznach begründet zunächst die grundsätzliche Voraussetzung für die Stundensatz in Höhe von 44,00 €: Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG erhöhe sich der Stundensatz von 27,00 € auf 44,00 €, wenn der Betreuer durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule besondere Kenntnisse erworben habe, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

Die Betreuerin hatte das Studium der Politikwissenschaft mit dem Magistertitel abgeschlossen. Mithin lag die Voraussetzung des Hochschulstudiums vor. Sie hatte durch das Nebenfach Zivilrecht eine Qualifikation erworben, die zu besonderen Kenntnissen führte, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

Das LG erläuterte den Begriff der „Nutzbarkeit“

Die Kenntnisse müssen geeignet sein, die Geschäftsführung des Betreuers im konkreten Fall zu erleichtern. Nicht ausreichend sei es, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrechtlicher relevanter Kenntnisse zum Inhalt habe. Erforderlich sei vielmehr, dass die Ausbildung in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet sei. Es müsse also ein erheblicher Teil der Ausbildung das Ziel der Vermittlung betreuungsrelevanten Wissens haben. Maßgeblich sei eine konkrete Betrachtung des tatsächlichen Inhalts der Ausbildung, insbesondere der Umfang der für die Betreuung nutzbaren Ausbildungsinhalte bzw. deren Anteil an der Gesamtausbildungszeit. Diese Kenntnisse müssen selbständiger und maßgeblicher Teil der Abschlussprüfung sein. Dabei sei nicht ein bestimmter Prozentanteil relevant, sondern es genüge, dass ein gewichtiger Teil der Ausbildungszeit auf die Vermittlung betreuungsrelevanten Wissens falle.

So hatte das LG die Berufsbetreuerin noch im Beschwerdeverfahren gebeten, konkretere Angaben zu dem von ihr belegten Nebenfach „Zivilrecht“ vorzulegen.

Die Berufsbetreuerin schilderte, dass sie als Nebenfächer Rechtswissenschaft und Soziologie gewählt habe. Sie habe die gleichen Vorlesungen wie die Studierenden des Hauptfachs Rechtswissenschaft besucht. Sie hätte für die Zulassung zur Prüfung den Erwerb des sogenannten „kleinen und großen“ BGB-Scheins nachweisen müssen. Jedenfalls während der letzten Semester seien vom zeitlichen Aufwand her 39 Semesterwochenstunden deutlich überschritten worden.

Das LG hatte keinen Zweifel an diesen Ausführungen und stellte fest, dass die Berufsbetreuerin überzeugend dargelegt habe, dass sie im „Nebenfach“ Zivilrecht umfangreiche Kenntnisse erworben habe, die über ein Grundwissen deutlich hinausgingen. Der Erwerb des „kleinen und großen“ BGB-Scheins sei mit einem erheblichen zeitlichen Aufwand und Prüfungsanforderungen verbunden. Bereits der Erwerb des großen BGB-Scheins stelle eine beachtliche Prüfungsleistung dar und belege Kenntnisse im Zivilrecht, die über Grundkenntnisse hinausgehen.

Deshalb entschied das LG, dass die Berufsbetreuerin im Nebenfach „Zivilrecht“ besondere Kenntnisse nachgewiesen habe, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis

Setzten Sie sich durch eine ausführliche Begründung für den von Ihnen geforderten Stundensatz ein: Erläutern Sie Ihre Ausbildung im Einzelnen, weshalb diese zu Kenntnissen geführt hat, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind. So haben Sie die Chance auf einen höheren Stundensatz.

09. Februar 2017 | Kategorie: Corinna Hell, Urteile |