Wann Berufsbetreuer als Kontrollbetreuer eingesetzt werden

Kontrollbetreuung trotz wirksamer Vorsorgevollmacht

Ist ein Angehöriger sowohl Vorsorgebevollmächtigter als auch Erbe, und mit einem zugunsten des Betroffenen ausgesetzten Vermächtnis belastet, können die daraus entstehenden Interessenskonflikte zur Einrichtung einer Kontrollbetreuung führen. Der Fall: Die Bevollmächtigte hatte von ihrem 79-jährigen Vater am 15. Juli 2009 eine Generalvollmacht erhalten. Zugleich ist die Bevollmächtigte Alleinerbin nach der Ehefrau des Betroffenen. Das Erbe ist allerdings mit einem Wohnrechtsvermächtnis zugunsten des Vaters belastet.

 

Das Amtsgericht/Betreuungsgericht hatte eine Kontrollbetreuung eingerichtet. Hiergegen hat die Bevollmächtigte Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückwies. Daraufhin legte sie Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) ein. Ihr Ziel ist die Aufhebung der Kontrollbetreuung.

Der Beschluss des BGH vom 26.07.2017, Az. XII ZB 143/17

Der BGH wies zunächst darauf hin, dass die Bevollmächtigte grundsätzlich eine Rechtsbeschwerde im eigenen Namen einlegen könne nach §§ 303 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG sowie 303 Abs. 4 FamFG.

Sodann erörterte der BGH die Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung.

Diese kann selbst bei einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht zur Kontrolle des Bevollmächtigten angeordnet werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Kontrollbetreuung seien im zu entscheidenden Fall gegeben, hiergegen habe sich die Beschwerdeführerin auch nicht gewandt.

Grundsätzlich ist eine Betreuung – auch eine Kontrollbetreuung – nur dann einzurichten, wenn sie erforderlich ist.

Gerade wenn der Vollmachtgeber – hier der 79-jährige Vater der Bevollmächtigten – eine Vorsorgevollmacht erteilt hat, wollte er so eine gerichtlich angeordnete Betreuung vermeiden. Dieser Wille des Vollmachtgebers ist bei der Einrichtung der Kontrollbetreuung besonders zu beachten, § 1896 Abs. 1a BGB.

Deshalb müssen weitere Umstände für die Errichtung der Kontrollbetreuung hinzutreten.

Notwendig ist der konkrete – durch tatsächliche Anhaltspunkte bestärkte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird.

Der BGH erörterte, dass dies gegeben sein kann, wenn unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle geboten ist. Dies könne z.B. dann gegeben sein, wenn der Bevollmächtigte mit Umfang und Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert sei, bzw. wenn Bedenken gegen seine Redlichkeit oder Tauglichkeit bestünden. Es sei nicht einmal ein Missbrauch der Vollmacht notwendig, vielmehr genüge es, wenn einer dieser Anhaltspunkte zu bejahen ist.

Im zu entscheidenden Fall ergab sich die Konstellation, dass die Bevollmächtigte als Alleinerbin das zugunsten ihres Vaters angeordnete Wohnrechtsvermächtnis einzuhalten hatte. Da der betroffene Vater in der Vorsorgevollmacht keine Anordnungen zur Behandlung des Vermächtnisses oder auch des Pflichtteils erteilt hatte, muss die Bevollmächtigte die wohlverstandenen Interessen des Vaters berücksichtigen. Dies kann aber mit ihren wirtschaftlichen Belangen als Alleinerbin kollidieren.

Aus diesem Grunde hat der BGH die Anordnung einer Kontrollbetreuung für notwendig erachtet, damit die Bevollmächtigte gegebenenfalls Rechenschaft ablegt nach § 666 BGB bzw. die Wünsche und Weisungen des Betroffenen nach § 1901 Abs. 3 BGB berücksichtigt werden.

Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuerpraxis

Vorsorgevollmachten sind auch bei ihrer Wirksamkeit vom Gericht zu prüfen. Gegebenenfalls kann eine Kontrollbetreuung, gerade bei der oben dargestellten Fallkonstellation einzurichten sein. Sollten Sie als Kontrollbetreuer vom Gericht ernannt werden, haben Sie dabei das Wohl und Interesse des Betreuten im Verhältnis zum Bevollmächtigten besonders zu beachten.

19. Januar 2018 | Kategorie: Corinna Hell, Urteile |