Wie Sie Ihre Festsetzungsanträge auf Betreuervergütung richtig stellen

Änderungen der vergütungsrelevanten Umstände sind anzugeben

Ändern sich die vergütungsrelevanten Umstände vor Ablauf eines Vergütungsmonats, ist die konkrete Anzahl an Tagen des betreffenden Vergütungsmonats zugrunde zu legen. Bei der Berechnung der Betreuervergütung ist der Stundensatz zeitanteilig nach Tagen zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG).

Der Fall: Die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss vom 13.10.2016 zur vorläufigen Betreuerin bestellt. Der Zeitpunkt der sofortigen Wirksamkeit – 15.10.2016 – wurde auf dem Beschluss vermerkt. Endgültig wurde die Beschwerdeführerin am 28.11.2016 zur Betreuerin bestellt. Die betreute Frau lebt seit dem 03.02.2017 im Heim.

Das Landgericht (LG) hatte über die vom Amtsgericht in vollem Umfang zurückgewiesenen Vergütungsanträge zu entscheiden,

  • für die Zeit vom 15.10.2016 bis 14.01.2017: 3 mal 8,5 Stunden zu je 44,00 €,
  • vom 16.10.2016 bis 15.01.2017: 25,6 Stunden zu je 44,00 € und
  • vom 16.01. bis 15.04.2017 mit weiteren 15,3 Stunden zu je 44,00 €.

Der Beschluss des LG Kassel vom 20.09.2017, Az. 3 T 335/17

Das Landgericht wies zunächst auf die Grundsätze des Vergütungsrechts hin. Die Vergütung von Berufsbetreuern richtet sich nach dem VBVG. Die Vergütung ist gegen die Staatskasse festzusetzen, wenn der Betroffene mittellos i. S. v. § 1836d BGB ist. Das LG nannte als Schonbetrag (damals) 2.600,00 € (seit 01.01.2017 5.000 €) und verwies auf § 90 Abs. 1 SGB XII.

Wenn das Vermögen diesen Betrag übersteigt, wird die Vergütung gegen den Betreuten festgesetzt. Im Übrigen richtet sich die Höhe des Stundensatzes nach §§ 4, 5 VBVG. Maßgeblich sei − neben dessen Mittellosigkeit − der Aufenthalt des Betreuten.

Wichtiger Vergütungs-Hinweis des LG Kassel

Es ist unzulässig, Ansprüche auf die Vergütung pauschal anzumelden, weil so keine Prüfung der Vergütungshöhe ermöglicht wird. Ein solcher Antrag sei auch nicht fristwahrend i. S. v. §  2 Satz 1 VBVG. Erforderlich sei nicht die Bezifferung des Anspruchs, sondern die Einordnung der Tätigkeit des Berufsbetreuers in das zutreffende Bewertungsraster gemäß §§ 4, 5 VBVG. Nach dieser Prämisse seien die Vergütungsanträge ab 16.10.2016 bis einschließlich 15.04.2017 begründet.

Da die Betroffene nicht mittellos ist, ist die Vergütung gegen sie nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 1836 Abs. 1 BGB festzusetzen.

Beginn der Vergütung sei grundsätzlich der Tag, der der Bekanntgabe des Bestellungsbeschlusses (15.10.2016) folgt – dies wäre hier der 16.10.2016. Auch wenn die sofortige Wirksamkeit angeordnet wurde, so dass die Wirksamkeit des Beschlusses bereits mit Übergabe an die Geschäftsstelle beginnt, würde die für die Vergütung maßgebliche Frist ebenfalls mit dem folgenden Tag – hier 16.10.2016 – beginnen.

So berechnet das LG Kassel die Betreuer-Vergütung

Da die Betroffene nicht mittellos war und erst ab dem 03.02.2017 im Heim lebte, differenziert das LG Kassel:

Für die Zeit vom 16.10.2016 (Vergütungsbeginn!) bis 15.01.2017 (1. bis 3. Monat) hatte die Berufsbetreuerin gegen die nicht mittellose Betroffene einen Vergütungsanspruch in Höhe von 1.122,00 € auf folgender Grundlage: 3 Monate mal 8,5 Stunden mal 44,00 € (das LG Kassel wusste aus anderen Verfahren, das die Beschwerdeführerin einen Hochschulabschluss hat. Deshalb konnte es von Amts wegen die Vergütung auf 44,00 € festsetzen).

Für den 4. bis 6. Monat – 16.01.2017 bis 15.04.2017 − war taggenau abzurechnen: Die betreute Frau hatte ihren Aufenthalt erst ab dem 03.02.2017 im Heim. Deshalb erhielt die Berufsbetreuerin für die Zeit vom 16.01. bis 03.02.2017 (19 Tage) taggenau nach § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG eine Vergütung für 19 Tage. Maßgeblich sei für die Berechnung des konkreten Stundensatzes ein Zeitraum von 31 Tagen.

Da § 5 Abs. 4 VBVG nicht auf § 191 BGB verweise und § 191 BGB auch nicht analog anzuwenden sei, gilt folgendes:

Auszugehen ist von der tatsächlichen Anzahl von Tagen des Vergütungsmonats, in den der Wechsel der Vergütungsgruppe fällt, hier der 16.01. bis 15.02.2017, mithin 31 Tage.

Ein monatlicher Stundensatz von sieben Stunden war für die Zeit vom 16.01. bis 03.02.2017 nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG festzusetzen. Die restlichen zwölf Tage sind mit 4 1/2 Monatsstunden zu vergüten, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VBVG.

Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis

Der Beschluss des LG Kassel – nicht allerdings des BGH – gibt wichtige Hinweise für die Berechnung Ihrer Betreuervergütung: Beachten Sie die Mittellosigkeit mit einem Schonvermögen ab 01.01.2017 von 5.000,00 €, § 1836c BGB i.V.m. § 90 SGB XII.

Zur Hemmung der Verjährung sind nur solche Vergütungsanträge geeignet, die dem Rechtspfleger die genaue Prüfung der Vergütungshöhe ermöglichen. Melden Sie also Ihre Ansprüche nicht pauschal an.

Wenn sich während des Vergütungsmonats die Voraussetzungen der Vergütung insoweit ändern, dass sich der Aufenthalt ändert (Heim/nicht Heim), muss tagesgenau abgerechnet werden (siehe Lernbrief 11 Seite 21 des Fernkurs für zertifizierte Vereins-/Berufsbetreuung und Fernlehrgang Berufsbetreuer(in) mit Hochschulzertifikat). Ändern sich dagegen die Vermögensverhältnisse innerhalb eines Vergütungsmonats (vermögend/mittellos), so wird der ganze Monat so gerechnet, wie sich die finanzielle Lage am Ende des Monats darstellt (siehe Lernbrief 11 Seite 23).

Achten Sie auf die Zahl der Tage des Vergütungsmonats, in den der Wechsel der Vergütungsgruppe fällt!

20. Februar 2018 | Kategorie: Corinna Hell, Urteile |