Als rechtlicher Betreuer werden Sie immer wieder in die Situation kommen, dass trotz Ihrer Meldung bei Behörden der Schriftwechsel weiterhin mit Ihrem Betreuten direkt geführt wird. Dies birgt natürlich die Gefahr von Fristversäumnissen. Das Sozialgericht Chemnitz hat hierzu jetzt eine Entscheidung getroffen, die auch anderen Gerichten zur Nachahmung dienen sollte:
Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz, Az. S 3 AS 415/14 vom 01. April 2014
Der Kläger – ein Betreuter – erhielt Leistungen nach dem SGB II von der beklagten Behörde. Für ihn war eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen „Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden sowie ein Einwilligungsvorbehalt“ angeordnet worden. Eine Postvollmacht war jedoch nicht ausdrücklich als Aufgabenkreis genannt. Die beklagte Behörde stellte den Bewilligungsbescheid über Leistungen nach dem SGB II dem Kläger direkt – und nicht seinem Betreuer – zu. Dabei berief sie sich auf die fehlende Postvollmacht des Betreuers.
Hiergegen hat der Betreute – nach vergeblichem außergerichtlichem Schriftwechsel seines Betreuers unter Hinweis auf den Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden – Klage erhoben. Ziel der Klage war es, dass künftig sämtlicher Schriftverkehr, der im Zusammenhang mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II erfolgt, an den Betreuer zugestellt wird.
Das Sozialgericht Chemnitz entschied, dass der klagende Betreute nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X einen subjektiven Anspruch darauf hat, dass sich die beklagte Behörde im Verwaltungsverfahren nach dem SGB II an seinen Betreuer wendet.
Es erteilte der Behörde eine klare Absage, weil die fehlende Postvollmacht nach § 1896 Abs. 4 BGB nicht einschlägig sei. Es ginge gerade nicht darum, dass der Betreuer an den Betreuten gerichtete Post öffnen sollte. Vielmehr war die Korrespondenz unmittelbar mit dem Betreuer zu führen, wozu die beklagte Behörde auch verpflichtet sei. Der Betreuer habe dieselbe Stellung wie jeder andere Bevollmächtigte.
Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis
Soweit dieser Gerichtsbescheid auch von Behörden in anderen Bundesländern beachtet wird, können Sie gegenüber der Behörde Ihren Anspruch auf Zustellung der Bescheide unmittelbar durchsetzen. So riskieren Sie keine Fristversäumnis, wenn Ihr Betreuter Ihnen den an ihn zugestellten Bescheid nicht übergibt.