Achim Rhein zum Sachkundenachweis und Betreuungsrechtsreform

„Ziel der Reform ist eine Entbürokratisierung und Modernisierung bei gleichzeitigem Schutz des Betreuten“

Achim Rhein vertritt die überörtliche Betreuungsbehörde Rheinland-Pfalz beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Mainz. In dieser zentralen Position ist er Ansprechpartner für alle Akteure im Netzwerk des Betreuungsrechtes.

 

Der Dipl.-Verwaltungswirt mit Masterabschluss im Bereich der Sozialen Arbeit ist außerdem Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS), im Betreuungsgerichtstag (BGT) e.V. sowie Mitglied im Qualitätsbeirat des Bundesverbandes der Berufsbetreuer. Zudem hat der 51-Jährige bereits selbst rund einhundert Betreuungen geführt. Im Interview bewertet Achim Rhein die Neuerungen, die mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ab 2023 zu erwartet sind.

Herr Rhein, das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts steht in den Startlöchern. Was bringt die Gesetzesreform aus Ihrer Sicht für die Berufsbetreuer?  

Achim Rhein: „Die Reform stärkt die Autonomie von Menschen, für die aufgrund einer Behinderung oder Krankheit eine rechtliche Betreuung angeordnet wurde. Damit wurde – neben dem Bundesteilhabegesetz – ein weiterer Meilenstein gesetzt, um betreuten Menschen das größtmögliche Maß an Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Sehr gut finde ich in diesem Zusammenhang den Grundgedanken des Gesetzgebers: nämlich das Erwachsenschutzrecht dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen anzupassen. Dabei geht es vor allem um die bessere Verwirklichung des Artikels 12 Absatz 3 der Konvention, Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen. Bisher war dies innerhalb der rechtlichen Betreuung nicht durchgängig zufriedenstellend verwirklicht.“

Profitieren auch die Berufsbetreuer von der Reform?

Achim Rhein:Durch eine Entkoppelung der Vorschriften von Erwachsenschutzrecht und der zivilrechtlichen Schutzrechte für Minderjährige sorgt die Reform für mehr Rechtsklarheit. Davon profitieren sowohl Betreute, Berufsbetreuer als auch die Behörden.“

„Die Reform sorgt ab 2023 für mehr Rechtsklarheit. Davon profitieren alle Akteure im Betreuungsprozess.“

Vorteilhaft für Berufsbetreuer ist vor allem die verbindliche Festlegung der Vergütungsstufe, die mit der Registrierung bei der Stammbehörde erfolgt. Rechtliche Betreuer müssen dann nicht mehr für jeden einzelnen Fall mit unterschiedlichen Vergütungstabellen arbeiten und haben mehr Planungssicherheit auf finanzieller Ebene. Zukünftig wird man dadurch eine Vielzahl von bisher an der Tagesordnung stehende Rückstufungen vermeiden.

In das VBVG wurde zudem eine Auszahlungsmöglichkeit der Betreuervergütung im quartalsweisen Dauerverfahren aufgenommen. Rechtliche Betreuer können zukünftig bei Fällen, die keinen großen Schwankungen unterliegen, eine monatliche Dauervergütung beantragen. Der kontinuierliche Geldfluss gibt Berufsbetreuern ebenfalls mehr finanzielle Sicherheit. Außerdem erfolgt eine Mittellosigkeitsberechnung nur noch anhand des Vermögens der betreuten Person, was langwierige Exzesse mit dem Betreuungsgericht erspart.“

Wird durch die Reform auch die Betreuungspraxis erleichtert?

Achim Rhein: „Es wurden in einigen Bereichen verfahrensrechtliche Erleichterungen geschaffen. Bestimmte Mitteilungs-, Genehmigungs- und Anzeigepflichten wurden „pragmatisiert“. Im Aufgabenkreis Vermögenssorge beispielsweise ist die Eröffnung eines Kontos oder Wertpapierdepots zur mündelsicheren Geldanlage nur noch anzeige- und nicht mehr genehmigungspflichtig. Bezüglich des sogenannten Verfügungsgeldes, das für Ausgaben des Betreuten gebraucht wird, handelt der Betreuer zukünftig ebenfalls weisungs- und genehmigungsfrei.

Erleichterungen gibt es auch bei der Aufgabe von Wohnraum des Betreuten (§ 1833 Absatz 3 BGB): Hier muss die Aufgabe des selbst genutzten Wohnraums – wenn etwa ein Betreuter ins Pflegeheim zieht – nur noch angezeigt werden. Ziel der Änderungen ist eine Entbürokratisierung und Modernisierung bei gleichzeitigem Schutz des Betreuten.

Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.“

„Das neu geschaffene Betreuungsorganisationsgesetz stärkt die Betreuungsbehörden in ihrer Funktion.“

Was ändert sich für die Betreuungsbehörden?

Achim Rhein: „Mit dem neuen Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) wurde für die Arbeit der Behörden und Aufgaben der Vereine erstmals ein eigener rechtlicher Rahmen geschaffen wurde. Das beurteile ich sehr positiv. Die Behörden werden dadurch erheblich in ihrer Funktion gestärkt, es bedeutet jedoch auf der anderen Seite aber auch einen Aufgabenzuwachs, den sie nur mit zusätzlichen personellen Ressourcen bewältigen können.“

Warum ist diese „Aufwertung“ wichtig?

Achim Rhein: „Weil die Betreuungsbehörden zukünftig neben dem signifikanten Sozialbericht in Betreuungsverfahren auch Verwaltungsentscheidungen von hoher Tragweite treffen müssen. In ihrer Funktion als Registrierungsbehörde ist die Betreuungsbehörde ab 1.1.2023 die Instanz, die entscheidet, wer als Betreuer tätig sein darf – und wer nicht.

Bisher hat das Betreuungsrecht in der Leistungsverwaltung einer kommunalen Behörde aus verwaltungsrechtlicher Sicht keine besondere Rolle gespielt. Gegenwärtig werden in den Ämtern der Kreis- und Stadtverwaltungen beispielsweise Bescheide erteilt, die einen konkreten Regelungsinhalt haben. Für die Betreuungsbehörden ist dies ab dem Jahre 2023 ein neuer Handlungsbereich mit konkreten prozessual anfechtbaren Verwaltungsverfahren. Zukünftig agiert die Betreuungsbehörde als sogenannte Stammbehörde und als Verfahrensbehörde. Sie ist damit der Auslöser und Koordinator für eine Infrastruktur an fachlich geeigneten Berufsbetreuerinnen und Betreuern.“

Nach welchen Kriterien werden Berufsbetreuer zukünftig denn ausgewählt?

Achim Rhein: „Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen für eine Registrierung als beruflicher Betreuer in § 23 BtOG definiert. Danach haben Betreuer eine Reihe von formalen Anforderungen zu erfüllen: Sie müssen u.a. einen erfolgreich absolvierten „Sachkundelehrgang“ (sog. Sachkundenachweis) nachweisen, eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 € abschließen, dürfen keinen negativen Schufa-Eintrag haben und einiges mehr. Eine erneute Überprüfung der Eignung wird voraussichtlich alle drei Jahre erfolgen.

Wichtigstes Element für die Betreuerauswahl ist aus meiner Sicht das individuelle Gespräch zwischen Betreuungsbehörde und Berufsbetreuer. Auf dessen Basis beurteilt die Behörde, ob ein Betreuer über die notwendige persönliche Eignung und Zuverlässigkeit für diese komplexe Aufgabe verfügt. Es muss beispielsweise erkennbar sein, dass ein Betreuer organisatorisch und auch zeitlich in der Lage ist, (weitere) Betreuungen zu übernehmen. Wichtig ist, dass seine Organisationsstruktur stimmt, dass er also einen effizienten Bürobetrieb unter Anwendung zeitgemäßer technologischer Hilfsmittel führt.“

Werden die Neuregelungen in der Behördenpraxis leicht umzusetzen sein?

Achim Rhein: Am einfachsten ist es, wenn die Stammbehörde auch die jeweilige Verfahrensbehörde ist. In der Praxis wird dies allerdings nicht immer der Fall sein. Ein Beispiel: Peter A. lässt sich bei der Stammbehörde an seinem Wohnort, der Stadt Mainz, erfolgreich als Berufsbetreuer registrieren. 80% seiner Betreuungen führt Peter A. dann jedoch im Landkreis Mainz-Bingen. Diese Konstellation erfordert eine gute Synchronisation und Kommunikation zwischen Stamm- und Verfahrensbehörde.

Dieser Vernetzungsfaktor ist für die Betreuungsbehörden eine völlig neue Aufgabe. Deshalb sollte der Aufwand nicht unterschätzt werden. Zumal die Koordination in vielen Fällen auch bundeslandübergreifend stattfinden muss. Hilfreich wäre hier die Anwendung einer einheitlichen Software oder internetbasierter Datenbank, auf die – natürlich unter Einhaltung der Anforderungen des Datenschutzes – gemeinsam zugegriffen werden könnte bzw. ein Informationsaustausch untereinander gewährleistet ist.“

Wie kommunizieren die Behörden aktuell miteinander?

Achim Rhein: Bisher findet zwar häufig ein telefonischer Austausch statt. Der Prozess ist aber viel weniger strukturiert und formalisiert, als er in Zukunft sein muss.“

Im Rahmen der Registrierung müssen Betreuer ihre Sachkunde nachweisen. Welche Inhalte sind aus ihrer Sicht besonders wichtig? 

Achim Rhein: „Die nachgewiesene Sachkunde belegt die hinreichende Qualifikation eines Betreuers. Dabei geht es aber nicht nur um gute Kenntnisse im Betreuungs- und Unterbringungsrecht, im dazugehörigen Verfahrensrecht sowie auf den Gebieten der Personen- und Vermögenssorge. Der Focus liegt zukünftig – gemäß der Grundvision des Gesetzgebers – auch auf einem wertschätzenden Umgang mit den betreuten Menschen. Hier gibt es Nachholbedarf, da auf diese Aspekte in der Vergangenheit zu wenig Beachtung gelegt wurde.

Deshalb begrüße ich es sehr, dass Berufsbetreuer sich zukünftig auch Fachwissen zur Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen und von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung aneignen müssen. Dazu zählen etwa gewaltfreie Kommunikation, die Anwendbarkeit von Eskalationsmethoden oder eine vertrauensvolle, empathische Haltung in der Betreuungsbeziehung. Es ist davon auszugehen, dass bei bestimmten absolvierten Ausbildungen, Studienabschlüssen und beruflichen Hintergründen – beispielsweise Studiengängen wie Jura oder Sozialpädagogik – eine Grundsatzvermutung der Qualifikation im Sinne der Anforderungen einer ausreichenden Sachkunde vorliegt, die nur noch in einzelnen Modulen in Einzelfällen ergänzt werden müsste.

Weitere Einzelheiten müssen in einer Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz festgelegt werden, die hoffentlich im Herbst 2021 verabschiedet werden kann. Das betrifft vor allem die Anforderungen an die Sachkunde und ihren Nachweis. Berücksichtigt werden dabei Kriterien wie Inhalte, Dauer, Aufbau, Prüfungsumfang einer etwaigen Ausbildung. Aber auch die Anerkennung und Zertifizierung privater Anbieter von Sachkunde-Lehrgängen muss noch geregelt werden.“

 

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Über welche Kennnisse sollten Betreuer außerdem verfügen? 

Achim Rhein: „Vor allem über vertiefte Kenntnisse des sozialrechtlichen Unterstützungssystems. Ich bin aus eigener Erfahrung in meinen früheren Betreuungsfällen der Auffassung, dass es eine der Hauptaufgaben eines Betreuers ist, sozialrechtliche Ansprüche des betreuten Menschen zu verwirklichen. Dies umfasst die Geltendmachung sämtlicher Sozialleistungen nach den Sozialgesetzbüchern und den Umgang mit den Behörden, Sozialen Sicherungssystemen und insbesondere den Trägern der Rehabilitation. In den bisherigen Überlegungen zum Sachkundenachweis findet sich das nach meiner Einschätzung bisher allerdings nicht in dem Maße wieder, wie ich es mir gewünscht hätte.“

 

Welche Kritikpunkte haben Sie an der Gesetzesreform?

 

Achim Rhein: „Aus meiner Sicht hat der Bund sehr gute Impulse gesetzt. Die Umsetzung erfolgt jedoch nicht zentral auf dessen „Bühne“, sondern wird – auch aus Gründen der Kostenverantwortung – auf Länderebene geregelt. Herausgekommen ist quasi ein Kompromiss zwischen der Vision des Bundes und der Realität der jeweiligen Machbarkeit und Umsetzungsfähigkeit der Justiz- und Sozialressorts der Länder und Kommunen. Und das ist schade, denn es eröffnet dadurch einen Raum für Unverbindlichkeit und Interpretationen von Normen, die sinnvollerweise bundeseinheitlich konkrete Regelungen im Interesse der zu betreuenden Menschen enthalten sollten. Leider liegt es wohl in der Natur der Sache, dass ein Kompromiss, der allen Akteuren in diesem konkreten komplexen System gerecht werden will, nur auf der Ebene der Länder in unterschiedlichem Umfang und Inhalt verwirklicht werden kann.  Für ein „großes Ganzes“ ist das differenzierte rechtliche System, insbesondere aus verfassungsrechtlicher Sicht für den Bundesgesetzgeber nicht realisierbar.“

 

„Die konkrete Ausgestaltung des Sachkundenachweises obliegt den Bundesländern. Dies wird – wie beim Abitur – zu Qualitätsunterschieden führen.“

 

Gilt das auch für den Sachkundenachweis?

 

Achim Rhein: „Meiner Einschätzung nach, ja. Für den Sachkundenachweis wird zwar ein bundeseinheitlicher Rahmen vorgegeben. Die konkrete Ausgestaltung der Inhalte, aber auch die Zulassung der Lehrgangsanbieter wird wiederum den Bundesländern obliegen. Das kann man sich dann ähnlich wie beim Abitur vorstellen: Hier hat jedes Bundesland seine eigenen Anforderungen, Lehrpläne und Prüfungen – und die Qualitätsunterschiede sind zum Teil signifikant.

 

Persönlich hätte ich mir im gesamten Reformprozess eine einheitlichere Gestaltung gewünscht. Die länderunterschiedlichen Regelungen werden wohl auch zu unterschiedlichen Rechtsprechungen hinsichtlich der Anerkennung von Betreuern führen. Dabei ist heute noch gar nicht manifestiert, wer Widerspruchsinstanz für einen nicht anerkannten Berufsbetreuer ist.“

 

Was passiert eigentlich, wenn ein bereits tätiger Berufsbetreuer den Sachkundenachweis nicht vorlegt?

 

Achim Rhein: Dann wird er nicht registriert und erhält keine Vergütung mehr. Die Betreuungen darf er nur noch ehrenamtlich führen. Das ist sicherlich keine Alternative für jemanden, der damit seinen Lebensunterhalt verdienen muss. Der Betroffene wird eher um Entlassung aus der Betreuung bitten – und sich einen anderen Beruf suchen.“

 

Und wer führt dann die Betreuungen weiter?

 

Achim Rhein: „Die Betreuungen werden an andere ehrenamtliche oder berufliche Betreuer übertragen. In meiner Zeit als Betreuer habe ich es selbst erlebt, dass ich auf einmal sechs bis sieben neue Betreuungen übernehmen musste.“

 

Kann dadurch nicht auch die Betreuungsbehörde „in die Bredouille“ geraten?

 

Achim Rhein: „Klar, das kann schon eine „heiße Nummer“ für manche Kolleginnen und Kollegen in den Örtlichen Betreuungsbehörden werden. Besonders wenn es mehrere Betreuer betrifft. Man müsste sich eventuell über eine Verlängerung des Zeitrahmens zum Erwerb des Sachkundenachweises Gedanken machen. Oder der Behörde einen Ermessensspielraum zubilligen, die Frist zu verlängern. Vermutlich muss die Praxis da erst Beispiele liefern. Gerichtliche Entscheidungen werden den Behörden dann den Regelungsrahmen vorgeben müssen, den das Betreuungsorganisationsgesetz aktuell nicht beinhaltet.“

 

Für betroffene Berufsbetreuer wäre das eine schwierige Situation!

 

Achim Rhein: „Absolut! Deshalb müssen hier aus meiner Sicht komfortable Lösungen gefunden werden. Das Tätigkeitsprofil der Berufsbetreuer ist ohnehin anspruchsvoll: Große Verantwortung, mäßige Bezahlung, ständige Erreichbarkeit … Wenn dann noch so hohe Hürden bezüglich der Qualifizierung angelegt werden, wird der Betreuerberuf so uninteressant, dass sich niemand mehr bewirbt.“

 

Inwiefern betrifft diese Problematik auch die Betreuungsvereine?

 

Achim Rhein: „Hier sehe ich sogar eine besondere Krux: Denn wenn festangestellte Mitarbeiter den Sachkundenachweis nicht erbringen und infolgedessen nicht als Berufsbetreuer registriert werden, erwirtschaften sie auch keine Einnahmen für den Verein mehr. Als Angestellte haben sie aber weiterhin einen arbeitsvertraglich verpflichtenden und tarifrechtlich anerkannten Anspruch auf ihr Gehalt. Das würde in den ohnehin knapp finanzierten Vereinen zu zusätzlichen finanziellen Engpässen führen. Und damit den Vereinen, den angeschlossenen ehrenamtlichen Betreuern und letztlich den Betreuten schaden. Das widerspräche völlig der Absicht des Gesetzgebers, mit der Reform die Betreuungsvereine zu stärken. Insofern bin ich hier auch auf praktikable Lösungen in einer zukünftigen Rechtsverordnung gespannt.“

 

Wann rechnen Sie konkret mit der ausgestalteten Verordnung zur Registrierungspflicht?

 

Achim Rhein: Das kann noch in diesem Jahr verwirklicht werden. Ich glaube jedoch, dass sich die Qualifizierungsangebote erst ab 2023 definieren werden, zeitgleich mit Inkrafttreten des Gesetzes.“

„Das Zusammenspiel an Vielseitigkeit, Wertschätzung und Selbstständigkeit macht den Betreuerberuf aus meiner Sicht attraktiv.“

Sie waren selbst als beruflicher Betreuer tätig. Was haben Sie an dieser Aufgabe geschätzt?  

 

Achim Rhein: „Als Berufsbetreuer tauchen Sie in unterschiedlichste Lebensbereiche von Menschen ein. Und Sie agieren in unterschiedlichen Rollen: als Berater, Verhandler, Vertreter, Unternehmer und Netzwerker. Das macht den Beruf sehr abwechslungsreich.

 

Zudem empfand ich die Aufgabe auch als persönlich bereichernd. Ich habe häufig hohe Wertschätzung durch die von mir Betreuten, vorwiegend Menschen mit seelischer und geistiger Behinderung, erfahren. Man bekommt sehr viele positive Impulse zurück, wenn man die Lebenssituation der betreuten Menschen konkret verbessern konnte.

 

Als Berufsbetreuer genießt man zudem ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit und Selbstständigkeit bezüglich des täglich zu erfüllenden Workflows. Sie sind sozusagen „ihr eigener Chairman“ – sie bestimmen, wann und wie sie arbeiten. Das Zusammenspiel an Vielseitigkeit, Wertschätzung und Selbstständigkeit macht den Betreuerberuf aus meiner Sicht attraktiv. Wenn ich irgendwann in Rente gehe, werde ich ernsthaft überlegen, wieder Betreuungen zu übernehmen.“

 

Herr Rhein, wir danken Ihnen herzlich für dieses Gespräch.

 

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18. März 2023 | Kategorie: Betreuungsrechtsreform |