Aktuelle Studie untersucht Vermögensdelikte von Berufsbetreuern

Warum Schlussrechnung, Vermögensverzeichnis & Co. für Sie als Berufsbetreuer unverzichtbar sind

 

„Gelegenheit macht Diebe“: Dieses deutsche Sprichwort beschreibt treffend das Ergebnis einer aktuellen Studie* zu „Vermögensdelikten in Betreuungsverhältnissen“. Im Fokus der Untersuchung standen Straftaten, die aus der Vertrauenspositionen zwischen Betreutem und Berufsbetreuer heraus erfolgen. Bislang waren Fälle, in denen ehrenamtliche oder berufsmäßig tätige Betreuer betreute Personen ausnutzten, um sich persönlich zu bereichern, nicht systematisch analysiert worden.

Die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geförderte Studie widmete sich dem Feld Vermögensdelikte aus kriminologischer Sicht. Ziel der Studie war es, die Strukturen von Tatgelegenheiten aufzudecken, Tathintergründe zu analysieren, Kontrollmechanismen zu überprüfen und Möglichkeiten der Prävention zu erarbeiten.

Die Untersuchung wurde unter Federführung von Prof. Dr. Bernd-Dieter Meier, (Leibniz Universität Hannover, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie) und Prof. Dr. Thomas Görgen (Deutsche Hochschule der Polizei in Münster, Fachgebiet Kriminologie und interdisziplinäre Kriminalprävention) durchgeführt.

Die Ergebnisse der Studie „Vermögensdelikte in Betreuungsverhältnissen“ zeigen, dass es insgesamt zwar unter den Betreuern nur wenige schwarze Schafe gibt, die ihre Vertrauensposition ausnutzen. Die Studie deckt allerdings auch auf, dass das Betreuungsrecht Betreuern überraschend viele Möglichkeiten zur Begehung von vermögensrechtlichen Straftaten lässt.

Die Bestellung für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge stellt demnach für Betreute wie auch für Berufsbetreuer ein Risiko dar.

 

Welche Ziele verfolgte die Studie im Einzelnen und wie lief sie ab?

Durch die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung werden Berufsbetreuern und ehrenamtlichen Betreuern bestimmte Recht und Pflichten zugewiesen. Leitprinzip für alles Handeln ist es, die Angelegenheiten der Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ gibt Betreuern besondere Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen des Betreuten. Das ist zwar notwendig, um ihn bei der Gestaltung seines Lebens zu unterstützen. Allerdings erlangt der Berufsbetreuer so eine besondere Machtposition, die er im negativen Fall ausnutzen kann, um sich zu bereichern.

Die Untersuchung sollte Antworten auf folgende Fragen liefern:

  • Wie ist die Phänomenologie von Vermögensdelikten beschaffen, die in rechtlichen Betreuungsverhältnissen begangen werden?
  • Welche Risikofaktoren machen in diesem Feld ein strafrechtlich relevantes Handeln wahrscheinlicher?
  • Welche Kontrollmechanismen gibt es derzeit im Rahmen der rechtlichen Betreuung zur Verhinderung von Vermögensdelikten? Wie werden diese Mechanismen in der Praxis genutzt? Wie effizient sind sie?

Auf Basis der Erkenntnisse sollten praxisgerechte Vorschläge zur Prävention und Kontrolle von Vermögensdelikten in Betreuungsverhältnissen erarbeitet werden.

Für die Studie werteten die Wissenschaftler Akten von Betreuungsbehörden, Betreuungsgerichten und Staatsanwaltschaften aus. Außerdem führten sie leitfadengestützte Einzelinterviews mit Betreuern, Betroffenen und/oder deren Angehörigen, Rechtspflegern und Betreuungsrichtern.

 

Was waren die wichtigsten Ergebnisse der Studie?

Die Analyse zeigte delinquentes Verhalten zu Lasten des Vermögens der Betreuten sowohl von haupt- wie ehrenamtlich tätigen Betreuern. Die Strafverfahren wurden durchgängig wegen des Verdachts der Untreue (§ 266 StGB) geführt, hier vor allem wegen Bargeldmissbrauch und des Missbrauchs der Überweisungsbefugnis. Die Schadenshöhen waren zum Teil beträchtlich.

Berufliche Betreuer waren in den ausgewerteten Strafakten etwas häufiger vertreten als ehrenamtliche Betreuer. Den Verfassern der Studie zufolge tragen jedoch ehrenamtliche Betreuer ein geringeres Entdeckungsrisiko. Berufsbetreuer/innen unterliegen einer stärkeren Kontrolle und geraten bei Delikten schneller in den Fokus von Ermittlungen.

 

Welche Schwachstellen identifizierten die Kriminologen, die eine Gefahr für das Vermögen des Betreuten sein können?

Die Analyse und die Auswertung der behördlichen und gerichtlichen Akten ergab zum einen, dass die rechtlichen Grundlagen der Kontrolle der Vermögensverwaltung zum Teil lückenhaft sind. Zum anderen belegte sie, dass das gelebte Recht erheblich vom geschriebenen Recht abweicht. Drei Beispiele verdeutlichen dies:

Die meisten durch Betreuer begangenen Straftaten wurden nicht vom Betreuungsgericht (bzw. den Rechtspflegern), sondern von Angehörigen aufgedeckt (oder von neu eingesetzten Betreuern nach einem Betreuerwechsel).

Etwa zwei Fünftel der Berufs- und Vereinsbetreuer wurde von den Gerichten bestellt, ohne dass sich aus den Akten ergab, warum gerade die betreffende Person ausgewählt worden war. Gerade die Prüfung der Eignung des potentiellen Betreuers ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Übernahme der Vermögenssorge.

Die Kontrolle in Vermögensangelegenheiten vollzieht sich über die Prüfung des Vermögensverzeichnisses der jährlichen Rechnungslegung und der Schlussrechnung. Die Auswertung der Betreuungsgerichtsakten zeigte jedoch, dass ein Vermögensverzeichnis von Berufsbetreuern oder ehrenamtlichen Betreuern nur in knapp neun von zehn Fällen erstellt worden war.

 

Kontrolle hat eine präventive Funktion

Die Autoren der Studie halten in ihrem Fazit ausdrücklich fest, dass Kontrolle eine wichtige präventive Funktion hat. Denn nur so kann dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass ein mögliches Delikt nicht bemerkt und nicht geahndet wird.

Erkennbar kontrolliert worden war die Pflicht zur Rechnungslegung. Allerdings konnte nicht festgestellt werden, ob die vorgelegten Rechnungen von den Rechtspflegern nur rechnungsmäßig oder auch sachlich geprüft worden waren. Die sachliche Prüfung der eingereichten Belege stellt deutlich höhere Anforderungen, ist für eine wirksame Kontrolle aber unverzichtbar. In der Praxis großzügig gehandhabt wird auch die Pflicht zur Vorlage der Schlussrechnung. So forderten die Gerichte nur etwa in zwei Drittel der Fälle die Schlussrechnung ein.

Die Nachlässigkeiten des Betreuungsgerichts bei der Auswahl und Kontrolle des Berufsbetreuers oder ehrenamtlichen Betreuers eröffnen nach Ansicht der Kriminologen Gelegenheiten, die von einem potentiellen Straftäter wahrgenommen und genutzt werden können

 

Aus den oben skizzierten Erkenntnissen leiten Kriminologen vier konkrete Handlungsempfehlungen ab

  1. Die Eignung des Betreuers sollte nicht nur zum Zeitpunkt der erstmaligen Bestellung, sondern in regelmäßigen Abständen geprüft werden.
  2. Um einen gleich hohen Informationsstand von Betreuungsgerichten und Betreuungsbehörden zu gewährleisten, sollten die Akteure verpflichtet werden, ihre Erfahrungen regelmäßig auszutauschen.
  3. Der Betreute sollte soweit möglich in die Erstellung des Vermögensverzeichnisses eingebunden sein. Bei der Erfassung beweglicher Sachen sollte das „Vieraugenprinzip“ gelten.
  4. Werden Betreuer im Aufgabenbereich der Vermögenssorge von den Betreuungsgerichten von Pflichten befreit, führt dies zu Kontrolldefiziten und „Tatgelegenheiten“. Durch Fallentlastung der Betreuungsgerichte und besserer Personalausstattung könnte dem entgegengewirkt werden.

Die Erkenntnisse der Studie machen vor allem eines deutlich: Für Sie als Berufsbetreuer/in oder ehrenamtliche/r Betreuer/in ist es von größter Wichtigkeit, Ihr betreuerrelevantes Handwerkszeug perfekt zu beherrschen und Schlussrechnung, Vermögensverzeichnis & Co. korrekt anzulegen und systematisch zu führen.

Wir können Ihnen in diesem Zusammenhang nur wiederholt die Aus- und Weiterbildungen (Fernkurse, Webinare, Tagungen und Seminare) der BeckAkademie Fernkurse ans Herz legen.

Die Themen „Vermögenssorge & Betreuerhaftung“ sind wichtige Schwerpunkte unserer Ausbildungen zum Berufsbetreuer oder Vereinsbetreuer. Unsere Experten aus der Praxis vermitteln Ihnen umfassendes juristisches Know-how. Sie erfahren aus erster Hand, welche Rechte und Pflichten Sie als Berufsbetreuer/in oder ehrenamtliche/r Betreuer/in bei der Übernahme der Vermögensorge haben. Bestens qualifiziert können Sie in allen Vermögenfragen rechtlich abgesichert handeln, Fehler vermeiden und sich vor teuren Haftungsfallen oder gar dem Verdacht eines Vermögensdeliktes schützen!

 

Und was bedeuten die Studienergebnisse für Sie als Berufsbetreuer/in konkret?

 

Unser Tipp für Profis in der rechtlichen Betreuung!

 

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Berufsbetreuertage am 22./23. Januar 2021 in Köln (Maternushaus) informieren und auf Wunsch gleich anmelden.

*(Quelle: Vermögensdelikte in Betreuungsverhältnissen: Bericht an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, März 2019) Auf der Website des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz können Sie die komplette Studie herunterladen.

17. April 2020 | Kategorie: Aktuelles |