Betreuervergütung: Wann Sie den erhöhten Stundensatz verlangen können und sollten

Business growth and wealth with csr concernMehr Geld für professionelle Berufsbetreuung?

Die Frage, bei welcher Ausbildung oder welchem Studium Sie als rechtlicher Betreuer einen erhöhten Stundensatz verlangen können, ist seit etlichen Jahren Anlass für Gerichtstreitigkeiten. Kein Wunder, denn es heißt, dass besondere Fachkenntnisse über die Höhe Ihrer Vergütung entscheiden. Doch welche Fachkenntnisse sind das im Einzelnen – und welche nicht?

Weil es – so die Erfahrungen unserer Referenten – bei der Durchsetzung des erhöhten Stundensatzes in der Betreuung immer auf den Einzelfall ankommt, haben wir für Sie diese wertvollen Informationen zusammengestellt:

So kann Ihre Vergütung als Berufsbetreuer(in) aussehen

Als Berufsbetreuer(in) erhalten Sie bekanntlich eine pauschalierte Vergütung. Das bedeutet, dass die Vergütung für jede nach § 5 VBVG anzusetzende Stunde einen vorgegebenen Pauschbetrag beträgt. Dabei ist es unerheblich, ob die Vergütung der vermögende Betreute selbst oder die Staatskasse bei Mittellosigkeit zu zahlen hat. Vorgesehen sind diese drei Vergütungsstufen in § 4 Absatz 1 VBVG:

  • Stundensatz: 27,00 € – die Anforderungen an Sie: Allgemeine Eignung nach § 1897 Absatz 1 BGB
  • Stundensatz: 33,50 € – die Anforderungen an Sie: Ihre besonderen Kenntnisse wurden durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben.
  • Stundensatz: 44,00 € – die Anforderungen an Sie: Ihre Kenntnisse wurden durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben.

 

Wann wirken sich besondere Fachkenntnisse, Zusatzausbildung und Co. vergütungssteigernd aus?

1.
Nur dann wirken sich Ihre besonderen Fachkenntnisse für Sie vergütungssteigernd aus, wenn Sie wegen einer Ausbildung oder eines Hochschulstudiums einen höheren Stundensatz beantragen wollen, sollten Sie zunächst prüfen, ob Sie zum Beispiel in den Bereichen Recht, Medizin, Psychologie, Sozialarbeit, Wirtschaft betreuungsspezifische Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben, die über ein Grundwissen deutlich hinausgehen und nicht nur durch Lebenserfahrung erworben wurden.
Als zweites prüfen Sie, ob Ihre besonderen Fachkenntnisse über die rechtliche Betreuung auch für die konkrete Betreuung nutzbar sind. Nicht entscheidend ist, ob Sie sie tatsächlich konkret einsetzen müssen.

2.
BGH-Kriterien, wann eine Ausbildung NICHT mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium vergleichbar ist:

Hier finden Sie eine Zusammenstellung der BeckAkademie Fernkurse, nachdem folgende Qualifikationen sich in der derzeitigen Praxis nicht vergütungssteigernd auswirken:

  • eine Qualifikation eines Berufsbetreuers, die auf Berufserfahrung oder Fortbildungsmaßnahmen zurückzuführen ist.
  • mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt, da sie nicht mit einer Hochschulausbildung vergleichbar sind.
  • die Zusatzausbildung an der Kolping-Akademie für Betriebswirtschaft / Fachrichtung Sozialwesen zum Sozialwirt, weil sie mit einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar (im Sinn des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG) ist. Grund: Der vermittelte Wissensstand entspricht bereits nach Art und Umfang keinem Hochschulstudium und der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand reicht nicht an den eines Hochschulstudiums heran.
  • der Abschluss zum staatlich anerkannten Sozialwirt, weil er nicht mit einem Bachelor-Grad vergleichbar ist.
  • ein Fortbildungsstudium zum „Betriebswirt (VWA)“ mit dem Abschluss Wirtschaftsdiplom, das 6 Semester mit einem Gesamtaufwand von knapp 1.000 Stunden in den Fächern Öffentliches Recht, Privatrecht, Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre umfasst. Grund: lediglich 900 Unterrichtseinheiten einer Ausbildung sind nicht mit dem für einen Hochschulabschluss erforderlichen Zeitaufwand vergleichbar. Zu berücksichtigen sei dabei nicht nur die Semesteranzahl (hier: 6), sondern auch der nach Unterrichtsstunden zu bemessende Gesamtzeitaufwand. Dieser bleibt mit knapp 1.000 Unterrichtsstunden deutlich unter dem für ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlichen Zeitaufwand.

Unsere Referenten informieren Sie

Als Teilnehmer/in der BeckAkademie Fernkurse erfahren Sie regelmäßig von unseren Referenten, welche BGH-Kriterien sich in der Praxis vergütungssteigernd auswirken. Das tun wir zwischen den Lerneinheiten, während des Crash-Kurses (Repetitorium) und des Get2Gethers, aber auch nach Ihrer Abschlussprüfung, zum Beispiel auf einem unserer Alumni-Treffen.

BGH-Urteile zum Thema erhöhter Stundensatz

Ausgewählte Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH), welche abgeschlossene Ausbildung oder welches Studium zu einem erhöhten Stundensatz oder nicht berechtigt, lesen Sie in dieser Zusammenstellung:

1. Abschluss des Zusatzstudiums Bachelor of Business Administration
(BGH vom 18. Februar 2015, Az. XII ZB 563/14)

Der Fall: Fast zwei Jahre nach dem Erstantrag (!) und der Entsprechung der Vergütungsanträge eines Berufsbetreuers unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 44,00 € seitens des Amtsgerichts passierte folgendes: Der zuständige Bezirksrevisor monierte die Festsetzung der Vergütung für die zurückliegenden Zeiträume und beantragte, nur einen Stundensatz von 33,50 € anzuerkennen. Nach der erfolglosen Beschwerde des Berufsbetreuers beim Landgericht landete der Fall als Rechtsbeschwerde beim BGH. Der Berufsbetreuer verlangte die Vergütung in Höhe von 44,00 € unter Zurückweisung der Erstattung der Vergütung für die Vergangenheit.

Das Urteil: Nachträglich abgelehnt! Der BGH bestätigte die Feststellung des Landgerichts, dass das Bachelor Zusatzstudium keine für die Betreuung nutzbaren Kenntnisse vermittelte. § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG würde für die Erhöhungstatbestände darauf abstellen, ob die Ausbildung in ihrem Kernbereich auf die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse ausgerichtet ist. Dies sei hier nicht anzunehmen, so dass dem Betreuer künftig eine Vergütung von nur 33,50 € zustand.

Erläuterung: Wenn durch ein Bachelor-Zusatzstudium keine betreuungsrelevanten Inhalte vermittelt werden, können Sie Ihren Stundensatz in Höhe von 44,00 € nicht begründen. Ob eine – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen verbundene – Erstattung überzahlter Betreuervergütungen möglich ist, hängt entscheidend von der jeweiligen Argumentation im Einzelfall ab. Ausführliches zu diesem Urteil lesen Sie hier!

2. Studienabschluss „Ökonom“ und Ausbildung zur Industriekauffrau

(BGH vom 25.03.2015, Az. XVII ZB 558/14)

Abgelehnt! Das Studium der Beschwerdeführerin hatte keine besonderen, gerade für die Führung rechtlicher Betreuungen nutzbare Inhalte. Aber auch die Ausbildung als Industriekauffrau führte zu keinen betreuungsrelevanten Fachkenntnissen. Das dadurch erworbene Wissen hätte allenfalls „gleichsam am Rande“ betreuungsrelevante Kenntnisse zum Inhalt gehabt. Weitere Einzelheiten zu diesem Urteil lesen Sie hier!

3. Berufsbegleitende Ausbildung an einer Verwaltungsakademie (Sächsische Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie) zum „Betriebswirt (VWA)“ mit Abschluss Wirtschaftsdiplom

(BGH Beschluss vom 30.10.2013, Az.: XII ZB 23/13)

Abgelehnt! Der Abschluss Wirtschaftsdiplom mit einem Gesamtaufwand von 1.000 Stunden ist nicht mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar im Sinn des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG und begründet daher keinen erhöhten Stundensatz für die Betreuervergütung.

4. Ausbildung zum Diplomjuristen in der ehemaligen DDR und anschließendes postgraduales Studium „Unternehmensführung/Management“ an der Hochschule für Ökonomie in Berlin, bei dem Voraussetzung für die Aufnahme zum postgradualen Studium ein abgeschlossenes Hochschulstudium war

(BGH vom 10.04.2013, Az.: XII ZB 349/12)

Der Fall: Das zuständige Amtsgericht und das Landgericht Chemnitz setzte die Betreuervergütung nur unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 27,00 € fest mit der Begründung, dass das von dem Betreuer absolvierte Studium an der Juristischen Hochschule Potsdam-Eiche nach dem Einigungsvertrag nicht der Ersten Juristischen Staatsprüfung gleichgestellt sei und nicht zur Aufnahme eines gesetzlich geregelten juristischen Berufes berechtigte. Aufgrund der fehlenden staatlichen Anerkennung der absolvierten Hochschulausbildung sei eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht statthaft. Auch das Umschulungsstudium an der Hochschule für Ökonomie sei mit 1.200 Ausbildungsstunden bereits hinsichtlich des zeitlichen Umfangs einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar.

Korrekt: Der BGH gab dem Landgericht Chemnitz Recht!

5. Die berufsbegleitende Ausbildung an einem Studieninstitut für kommunale Verwaltung mit einem Gesamtaufwand von 1.050 Stunden und dem erfolgreichen Abschluss zum „Verwaltungsfachwirt“ begründet einen Stundensatz von 44,00 € nicht

(BGH vom 14.10.2015, Az.: XII ZB 186/15)

Grund: Diese Ausbildung ist nicht mit eine abgeschlossenen Hochschulausbildung im Sinn des § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG vergleichbar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Abschluss zum geprüften Fachwirt im Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) mit dem Bachelor-Abschluss auf der gleichen (sechsten) Niveaustufe eingeordnet ist.

Zurückgewiesen! Der BGH gab dem Landgericht Arnsberg Recht und wies die Rechtsbeschwerde einer rechtlichen Betreuerin zurück.

 

Tipps und Argumentationshilfen für Teilnehmer der BeckAkademie Fernkurse

Tipp 1:

Für die Stundensatzhöhe kommt es im Einzelfall darauf an, dass der Berufsbetreuer über besondere Fachkenntnisse verfügt, die er durch eine abgeschlossene Ausbildung oder ein Studium erworben hat, und die für die Führung der Betreuungsgeschäfte „nutzbar“ sind. Nicht entscheidend ist, ob er sie tatsächlich konkret einsetzen muss.

Tipp 2:

Am besten Sie klären Ihre Stundensatzhöhe mit dem Rechtspfleger des Betreuungsgerichts, bevor Sie als Berufsbetreuer tätig werden.

Tipp 3:

Lesen Sie regelmäßig den Weblog der BeckAkademie Fernkurse, denn hier veröffentlichen wir laufend weitere, für Sie als Betreuer(in) relevante Urteile zur Betreuervergütung.

Sie sind noch kein/e Teilnehmer/in der BeckAkademie Fernkurse?

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24. Dezember 2015 | Kategorie: Allgemein, Urteile |