Die Betreuungsrechtsreform ist beschlossene Sache. Zum 1. Januar 2023 tritt das modernisierte und neu strukturierte Vormundschafts- und Betreuungsrecht in Kraft. Auf alle Beteiligten, insbesondere aber für Sie als Berufsbetreuerin und Berufsbetreuer, kommen mit der Reform zahlreiche gravierende Änderungen zu. Völlig neu sind zukünftig ein verbindliches formales Registrierungsverfahren sowie eine Sachkundeprüfung für beruflich tätige Betreuer:innen.
Wichtig: Seit 01.01.2023 erhalten Sie nur noch als registrierte/r Berufs- oder Vereinsbetreuer:in eine Vergütung für Ihre Tätigkeit.
In diesem Blogtext geben wir Ihnen einen Überblick zum derzeitigen Sachstand der Themen Registrierung, Sachkundenachweis und Betreuervergütung ab 2023.
Wichtigstes Ziel der Betreuungsrechtsreform 2023 ist es, das Selbstbestimmungsrecht betroffener Menschen zu stärken. Zugleich soll die Qualität der gesetzlichen Betreuung verbessert werden. Die Rechtsstellung, Aufgaben und Pflichten von beruflichen und ehrenamtlichen Betreuern, Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen regelt zukünftig das neu geschaffene Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG). Es ersetzt das bisher geltende Betreuungsbehördengesetz.
Außerdem wird ein Betreuungsregister eingeführt, bei dem Sie sich registrieren müssen, wenn Sie als Berufsbetreuer:in tätig sein wollen. Alle Einzelheiten des Registrierungsverfahrens werden ebenfalls im BtOG geregelt. Zuständig für die Registrierung ist Ihre „Stammbehörde“, also die Betreuungsbehörde, die örtlich für Ihren Sitz oder Wohnsitz zuständig ist. Die Registrierungspflicht betrifft auch im Verein tätige Berufsbetreuer:innen. Die bisherige Anknüpfung an die Anzahl der geführten Betreuungen als das allein maßgebliche Kriterium für die Feststellung der Berufsmäßigkeit wird ab 2023 abgeschafft.
Um das Registrierungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen, müssen Sie als Berufsbetreuer:in bestimmte Anforderungen (nach § 23 Abs. 1 BtOG) erfüllen:
Ihren Antrag auf Registrierung stellen Sie bei Ihrer Stammbehörde. Folgende Dokumente müssen der Behörde vorlegt werden:
Um Ihre persönliche Eignung festzustellen, wird die Behörde darüber hinaus ein persönliches Gespräch mit Ihnen führen. Ihre Eignung wird dann voraussichtlich alle drei Jahre erneut überprüft.
Nicht gegeben ist die persönliche Zuverlässigkeit nach § 23 Absatz 2 unter anderem dann, wenn ein Antragsteller wegen bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde. Auch „ungeordnete finanzielle Verhältnisse“, etwa ein anhängiges Insolvenzverfahren oder ein Eintrag im Schuldnerverzeichnis, sind ein Ausschlussgrund für die Registrierung. Die Entscheidung über den Antrag ergeht durch einen Verwaltungsakt. Daher ist bei einer Ablehnung der Registrierung der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten möglich.
Auch bereits tätige Berufsbetreuer:innen sollten sich den 1.1.2023 im Kalender dick anstreichen. Denn ausnahmslos alle berufsmäßig tätigen Betreuer:innen müssen sich registrieren lassen, wenn sie mit Inkrafttreten der Betreuungsrechtsreform noch eine Vergütung erhalten wollen. Unterschiede gelten nur bezüglich des Sachkundenachweises; und zwar abhängig davon, wie lange Sie bereits als Betreuer:in tätig sind. Die näheren Details werden in der Übergangsvorschrift § 32 BtOG geregelt.
Bei der geforderten ausreichenden Sachkunde handelt es sich grundsätzlich um Fachkenntnisse, die Sie für eine erfolgreiche und verantwortungsvolle Erfüllung Ihrer vielfältigen Betreuungsaufgaben benötigen.
Nach § 23 BtOG ist die Sachkunde ist gegenüber der Stammbehörde durch Unterlagen nachzuweisen. Sie hat zu umfassen:
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Zahlreiche wichtige Details zu Sachkundenachweis und Registrierungsverfahren sind derzeit noch nicht abschließend geklärt. Sie sollen in einer bundeseinheitlichen Rechtsverordnung geregelt werden. Aktuell erarbeitet eine Experten-Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Politik, Verbänden, Kommunen und Sachverständigen des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung. Sobald die Rechtsverordnung von der Bundesregierung verabschiedet wurde, muss noch der Bundesrat zustimmen.
Offen ist derzeit beispielsweise, wie umfangreich die Fachkenntnisse sein müssen und ob neben theoretischem Wissen auch praktische Kenntnisse nachgewiesen werden müssen. Es steht auch noch nicht fest, wie viele Unterrichtseinheiten ein entsprechender Sachkundelehrgang haben müsste. Ebenfalls ungeklärt ist zum heutigen Zeitpunkt, wie und bei welcher Stelle sich Anbieter von Sachkundelehrgängen sich zertifizieren lassen müssen.
Unklar ist auch noch, ob eine Teilnahmebescheinigung ausreicht – oder ob eine Erfolgskontrolle, etwa in Form einer Klausur, erforderlich ist. Auch wo und durch wen die Sachkundeprüfung abgenommen werden soll, ist aktuell nicht bekannt. Die Stammbehörde wird die Sachkundeprüfungen nicht durchführen.
Auch die Frage nach der Anerkennung bestimmter Berufs- und Hochschulausbildungen ist derzeit nicht abschließend geklärt. Diskutiert wird aktuell eine sogenannte Positivliste bestimmter Berufs- und Hochschulausbildungen, in denen die Vermittlung ausreichender Sachkunde ganz oder teilweise „vermutet“ wird. Absolventen hätten dann nur die fehlenden Teilbereiche zu ergänzen. Juristen könnten sich dann beispielsweise in einem geeigneten Lehrgang zusätzliche „Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen und von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung“ aneignen. Einige Experten halten es daher für sinnvoll, die Sachkundelehrgang in Modulform anzubieten.
Aus Sicht von Berufsbetreuer:innen bedeutsam sind auch die in der Betreuungsrechtsreform vorgesehenen Änderungen bezüglich der Vergütungsansprüche.
Hier gilt grundsätzlich: Ab 2023 ist kommt es für Ihren Vergütungsanspruch ausschließlich darauf an, ob Sie als Berufsbetreuer:in registriert sind.
Anders als nach aktuell geltendem Recht hängt der Anspruch auf Vergütung für berufliche Betreuer:innen dann nicht mehr von der Feststellung der Berufsmäßigkeit durch das Betreuungsgericht ab. Es wird deshalb nicht mehr vorkommen können, dass ein:e Berufsbetreuer:in nur deshalb keine Vergütung erhält, weil diese Feststellung bei der Einrichtung einer Betreuung vergessen wurde.
Als Betreuer mit Sachkundenachweis können Sie außerdem eine verbindliche Einstufung in die Vergütungstabellen beantragen. Was heißt das genau? Seit 2019 regelt das Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung (VBVG) Einzelheiten zur Betreuervergütung. Als Berufsbetreuer:in erhalten Sie seither monatliche Fallpauschalen, deren Höhe in den Vergütungstabellen A bis C festgelegt ist. Diese drei Vergütungsstufen bleiben auch ab 1.1.2023 erhalten.
Neu ist jedoch: Registrierte Betreuer:innen können eine verbindliche Einstufung in die Vergütungstabellen bei dem für Ihren Sitz (oder hilfsweise Wohnsitz) zuständigen Amtsgericht beantragen. Die Einstufung erfolgt dann in der Regel durch den Direktor des Amtsgerichts, der die Entscheidungsbefugnis aber auch auf einen Richter oder Rechtspfleger übertragen kann. Die getroffene Entscheidung wird dann dauerhaft verbindlich sein. Sie gilt für all Ihre aktuellen und künftigen Betreuungen im ganzen Bundesgebiet. Und zwar unabhängig davon, durch welches Gericht die Bestellung erfolgte.
Als Betreuer:in müssen Sie dann keine späteren sogenannten Herabstufungen – und profitieren Sie also von mehr Sicherheit bzgl. Ihrer Vergütungsstufe.
Sind Sie mit Ihrer Einstufung nicht einverstanden, können Sie Ihren Antrag zurückziehen oder eine gerichtliche Überprüfung beim Oberlandesgericht beantragen. Ändern sich Ihre persönlichen Voraussetzungen – beispielsweise, weil Sie ein Studium abgeschlossen haben – ist auf Ihren Antrag hin eine nachträgliche Änderung möglich.
Zu beachten gibt es dabei noch Folgendes, abhängig von Ihrer erstmaligen Bestellung als Berufsbetreuer:
Daneben sieht die Betreuungsrechtsreform 2023 einige weitere Änderungen der Betreuervergütung vor:
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