Eine sogenannte Kontrollbetreuung kann erforderlich sein, wenn nach den üblichen Maßstäben und unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle geboten ist. Hierfür müssen Anzeichen vorliegen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist oder es müssen Bedenken gegen die Tauglichkeit oder Redlichkeit des Bevollmächtigten bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Betroffenen (Vollmachtgebers) handelt.
Der Fall: Die Betroffene leidet unter fortgeschrittener Demenz. Sie erteilte mit notarieller Urkunde ihrem Neffen eine Generalvollmacht zur Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten. Das Amtsgericht hatte einen Kontrollbetreuer mit dem Aufgabenkreis „Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Bevollmächtigten, insbesondere Widerruf der Vollmacht“ bestellt. Auf die Beschwerde gegen die Kontrollbetreuerbestellung hat das Landgericht zwar die vom Amtsgericht festgesetzte Überprüfungsfrist verkürzt, im Übrigen aber die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich nunmehr die Rechtsbeschwerde der Betroffenen zum Bundesgerichtshof (BGH).
Der Beschluss des BGH vom 23.09.2015, Az. XII ZB 624/14
Der BGH führte aus, dass eine Kontrollbetreuung auch im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht erforderlich sein kann, wenn der Vollmachtgeber – hier die Betroffene – aufgrund einer psychischen Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigen zu überwachen und ggf. die Vollmacht zu widerrufen. Da jedoch die Betroffene gerade für den Fall, dass sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, die Vollmacht erteilte, müssen weitere Umstände hinzutreten, damit eine Kontrollbetreuung erforderlich ist.
Dies kann der konkrete und begründete Verdacht sein, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Bevollmächtigte nicht mehr im Interesse des Vollmachtgebers handelt, kann eine Kontrollbetreuung eingerichtet werden, selbst wenn keine Gefahr des Missbrauchs der Vollmacht besteht. In diesem Fall jedoch hatte das Beschwerdegericht – hier das Landgericht – keinerlei Feststellungen getroffen, dass etwaigen Mängeln in der Vollmachtausübung nur durch den Widerruf eines Kontrollbetreuers begegnet werden könne.
Insbesondere hatte das Beschwerdegericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Bevollmächtigten nicht berücksichtigt und den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Der BGH hielt dem Beschwerdegericht vor, dass weder die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Betroffene, noch die derzeitige Wohnsituation eine Kontrollbetreuung rechtfertigen würden. Das Beschwerdegericht hätte den Sachverhalt von Amts wegen genauer aufklären müssen, da dies hier nicht geschehen war, konnte die Entscheidung des Landgerichts keinen Bestand haben.
Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis
Regelmäßig hat eine wirksame Vollmacht Vorrang vor der Einrichtung einer Betreuung. Eine Kontrollbetreuung mit dem Ziel, die Vollmacht zu widerrufen, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehend zu prüfen. Denn die Vollmacht wurde ja gerade für Situationen erteilt, in denen der Vollmachtgeber seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann.