Ein Betreuter kann nach herrschender Auffassung jederzeit selbst einen Verfahrensbevollmächtigten bestellen. Dies ist in § 275 FamFG eindeutig geregelt und wurde in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. Oktober 2013, Az. XII ZB 317/13, nochmals bestätigt.
Der Fall
Die Betroffene litt an einer schweren Demenz. Sie bevollmächtigte einen Rechtsanwalt, der in ihrem Namen gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts über einen Betreuerwechsel und die Erweiterung der Aufgabenkreise der Betreuung Beschwerde einlegte.
Der Rechtsanwalt bezog sich dabei auf drei von der Betroffenen unterschriebene Vollmachten. Das Landgericht Mannheim hat mit Beschluss vom 31. Mai 2013 (Az. 4 T 25/13) die Beschwerde der Betroffenen als unzulässig verworfen, weil es nach Anhörung der Betroffenen der Auffassung war, dass sie einen eigenen natürlichen Willen zur Beauftragung des Rechtsanwalts nicht bilden konnte.
Die vom Rechtsanwalt der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde beim BGH führte jedoch zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung.
Die Wirksamkeit der Verfahrenshandlung der Betroffenen in Betreuungssachen könne nicht davon abhängen, ob die Betroffene zumindest einen natürlichen Willen bilden könne.
Der BGH begründet dies mit dem Wortlaut von § 275 FamFG, den gesetzgeberischen Überlegungen zu dieser Vorschrift und schließlich der Auslegung der Vorschrift:
Zwar habe der Begriff des „natürlichen Willens“ keine Trennschärfe, denn es sei schwierig, die Fälle der „einfachen Geschäftsunfähigkeit“ von anderen Fällen abzugrenzen. Für die Praxis ist es also nicht möglich, klare Kriterien für den Begriff des natürlichen Willens zu bilden. Jedoch könne für einen Betroffenen auch ein Verfahrenspfleger bestellt werden, und zwar selbst dann, wenn der Betroffene durch einen Rechtsanwalt bereits vertreten werde.
Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis
Für den Nachweis der Bevollmächtigung gilt § 11 Satz 1 FamFG, es genügt die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht. Es kommt mithin nicht darauf an, ob Ihr Betreuter geschäftsfähig ist, und auch ein von den Voraussetzungen her noch niedriger anzusetzender „natürlicher Wille“ ist nicht nötig. Allerdings begrenzt § 10 Abs. 2 FamFG den Kreis der Personen, die als Bevollmächtigte auftreten können, z. B. Nachbarn oder sonstige Freunde sind nicht vertretungsbefugt.