Kann das Betreuungsgericht wegen eines gerichtlichen Fehlers Betreuervergütungen zurückfordern?

Kursteilnehmer fragen, unsere Fernlehrer antworten

Der Fall: Ein rechtlicher Betreuer wechselte, nachdem er wie üblich 10 Betreuungen ehrenamtlich und unentgeltlich übernommen hatte, vom Ehrenamt zur hauptberuflichen Betreuung. Hierzu wartete er sicherheitshalber den elften Betreuungsfall ab, für den er vom zuständigen Amtsgericht durch den Betreuerausweis als Berufsbetreuer ausgewiesen wurde. Soweit so gut. Allerdings wurde innerhalb seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ein Betreuungsfall in einen anderen Amtsgerichtsbezirk verlegt. So bekam der Betreuer einen neuen Betreuerausweis von dem neu zuständigen Amtsgericht.

Weil alle Gerichte zum selben Kreis gehörten, dachte sich der Betreuer nichts dabei und arbeitete ab dieser Zeit als hauptamtlicher Berufsbetreuer. Nachdem er bereits mehrere Vergütungsanträge gestellt und Geld eingenommen hatte, bekam er einen Bescheid vom Amtsgericht des neuen Gerichtsbezirks. Das Gericht schrieb, dass er fälschlicherweise im Betreuerausweis als Berufsbetreuer ausgewiesen worden war, obwohl er ehrenamtlicher Betreuer sei. Dementsprechend solle er den Betreuerausweis sowie bereits erhaltene Vergütungen zurückgeben.

Nachdem ausgiebiger Prüfung seiner Unterlagen stellte der Betreuer fest, dass ein solcher gerichtlicher Beschluss, der ihn zum Berufsbetreuer ernennt, tatsächlich fehlte. Lediglich der Betreuerausweis, in der er als Berufsbetreuer bezeichnet wird, hatte er vom Gericht erhalten. Über dieses Problem haben wir bereits berichtet.

Die Frage des Kursteilnehmers lautet nun: Darf das zuständige Betreuungsgericht Betreuervergütungen zurückfordern, selbst wenn der Fehler  – der gerichtliche Beschluss fehlt – beim Gericht liegt?

So antwortet unsere Expertin und Fernlehrerin Corinna Hell

Juristisch gesehen gilt: ohne gerichtlichen Beschluss keine berufsmäßige Betreuung! So hat dies auch bereits der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach, zuletzt in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2014, Az. XII ZB 372/13 festgestellt. Eine nachträgliche rückwirkende Feststellung der Berufsmäßigkeit sei unzulässig, weil die gesetzlichen Vorgaben dem entgegenstehen (siehe auch BGH vom 08. Januar 2014, Az. XII ZB 354/13).

Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ist die Entscheidung über die berufsmäßige Führung der Betreuung bereits bei der Bestellung des Betreuers zu treffen. Dies entspricht der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und verhindert spätere Streitigkeiten über die Höhe der Vergütung. Der Gesetzgeber wollte mit § 286 Abs. 1 Nr. 4 FamFG – der die Bezeichnung der Berufsbetreuung in dem gerichtlichen Beschluss anordnet – sicherstellen, dass das Gericht sich bereits bei der Bestellung zur berufsmäßigen Führung entscheidet. Der Betreuer habe immer noch die Möglichkeit, die befristete Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG gegen die Bestellungsentscheidung ohne Berufsmäßigkeit einzulegen.

Der Umstand, dass das Amtsgericht versehentlich die Feststellung der Berufsmäßigkeit nicht festgestellt habe, sei dabei unerheblich. Der Beschluss des Amtsgerichts könne auch nicht im Wege der Fehlerberichtigung, dies würde eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne von § 42 Abs. 1 FamFG erfordern, korrigiert werden.

Was Sie tun könnten

Prüfen Sie sehr sorgfältig gerichtliche Beschlüsse. Notieren Sie nach Eingang des Beschlusses über Ihre Betreuerbestellung die Rechtsmittelfrist für die Beschwerde nach § 63 FamFG! Gerichtliche Fehler können sonst zu Ihren Lasten gehen. Verwechseln Sie nicht den Betreuerausweis mit dem Bestellungsbeschluss!

Corinna Hell

Corinna Hell, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht sowie Notarin mit eigener Kanzlei in Berlin und Lehrbeauftragte an der HTW Berlin. Für die Teilnehmer der BeckAkademie Fernkurse verfasste Frau Hell u.a. den Leitfaden Wie Sie Ihre Einsendeklausuren richtig lösen.

 

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15. Mai 2016 | Kategorie: Allgemein, Corinna Hell |