Diese Portokosten müssen Sie als Betreuer für den Betreuten zahlen

Kursteilnehmer fragen, unsere Fernlehrer antworten

Der Sachverhalt: Eine Teilnehmerin der BeckAkademie Fernkurse hatte eine Auseinandersetzung mit einer Rechtspflegerin und der zuständigen Betreuungsstelle wegen angefallener Portokosten. Beide Instanzen waren der Meinung, dass sämtliche Portokosten (Anträge, Einschreiben an Vermieter, Abrechnungsunterlagen an private Krankenkassen, Beihilfe etc.) zu Lasten des rechtlichen Betreuers zu gehen hätten. Als Begründung teilte man ihr mit, die Portokosten seien bereits mit ihrer Vergütung abgegolten. Hierzu gehören ebenfalls die zu erstellenden Kopien der Unterlagen, Kosten des eingesetzten Papiers und Druckertinte sowie Briefumschläge. Dritte dürften dies in Rechnung stellen, rechtliche Betreuer nicht. Diese angebliche Portoverpflichtung sei, so die Teilnehmerin weiter, doch wie eine Unterhaltsverpflichtung eines unbeteiligten Dritten, die rechtlich nicht möglich sein dürfte. Bei den vielen Schriftwechseln mit Unterlagen würden mehrere Kilos an Papier, Tinte und Porto die Betreuervergütung auf Dauer exorbitant schmälern. Die Teilnehmerin wurde nun aufgefordert, die Rücküberweisung der Portokosten auf das Konto des Betreuten umgehend nachweisen.

Die Frage der Kursteilnehmerin lautet: Gehen wirklich alle Portokosten zu Lasten des rechtlichen Betreuers? Wenn ja, würde das doch im Umkehrschluss bedeuten, dass ein Betreuter plötzlich zu Lasten des Betreuers portobefreit wäre.

So antwortet unser Experte und Fernlehrer Reinhold Spanl

Die Entrüstung der Teilnehmerin ist absolut verständlich. Dennoch wird in der Literatur herrschend vertreten, dass sämtliche Portokosten (Anträge, Einschreiben an Vermieter, Abrechnungsunterlagen an private Krankenkassen, Beihilfe etc.) zu Lasten des Betreuers zu gehen haben. Die Begründung ist, dass dies alles mit der Pauschalvergütung abgegolten ist, vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG. Hierzu gehören tatsächlich auch die zu erstellenden Kopien der Unterlagen, Kosten des eingesetzten Papiers und Drucker-Tinte sowie Briefumschläge.

So sieht es die Rechtsprechung

Anlässlich der Betreuung entstandene Aufwendungen

Mit den Stundensätze nach § 4 Abs. 1 VBVG werden auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen abgegolten, § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG. Dies gilt insbesondere auch für Fahrtkosten, Telefon- und Schreibauslagen, Fotokopien und Auslagen für Hilfskräfte. Ein gesonderter Ersatz dieser Aufwendungen scheidet für den Berufsbetreuer, soweit er dem Pauschalvergütungssystem unterliegt, aus (OLG Schleswig in BtPrax 2009, Seite 85).

Nicht eindeutig anlässlich der Betreuung entstandene Aufwendungen

Zu überlegen könnte meines Erachtens sein, ob etwa Briefmarken oder Kosten von Kopien, die in einem Kopier-Shop erstellt werden, nicht aus dem Betreutenvermögen entnommen werden können. Zumindest dann, wenn es um Korrespondenz mit Versicherungen oder Behörden geht, die der Betreute auch ohne der Bestellung eines Betreuers erledigen müsste. Dies scheidet sicherlich aus, wenn der Betreuer vom Betreuungsgericht in seiner Betreuereigenschaft um Berichte angegangen wird. Es handelt sich hierbei aber nur um eine Ansicht, die teilweise auch in der Literatur vertreten wird.

Gemäß § 4 Abs. 2 VBVG werden sogar anfallende Dolmetscherkosten mit der Pauschalierung abgegolten. Auch die Kosten für die Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers für die Kommunikation mit einem gehörlosen Betreuten werden von der Pauschalvergütung nach §§ 4, 5 VBVG erfasst.

Fraglich ist, ob es sich bei gebührenpflichtigen Postnachsendeanträgen um Auslagen der Betreuung oder um Auslagen des Betreuers handelt. Man kann grundsätzlich zwei verschiedene Arten der Postnachsendung unterscheiden; einmal solche für die eigene Betreuertätigkeit, und andere im Rahmen der gesetzlichen Vertretung des Betreuten. Im ersten Fall leitet der Betreuer die Post, die sich an den Betreuten selbst richtet und an dessen Anschrift adressiert ist, zu sich weiter. Diese betreuerspezifische Aufwendung wird durch die Vergütungspauschale abgedeckt. Im zweiten Fall stellt der Betreuer einen Postnachsendeantrag zugunsten des Betreuten, weil dieser seine Anschrift gewechselt hat (z.B. Umzug in ein Heim). Dies ist eine Aufwendung im Rahmen der Vertretungstätigkeit, die der Betreute zu erbringen hat; sie fällt nicht unter Auslagen des Betreuers für die Betreuungsführung im Sinn von § 1835 Abs. 1 BGB. Erbringt der Betreuer die Leistung aus seinem Vermögen, kann er vom Betreuten nach § 670 BGB Ersatz verlangen, jedoch keine Festsetzung gegen die Staatskasse erlangen. Im Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem sind die Vorschriften des Auftragsrechts entsprechend anzuwenden, OLG Karlsruhe (FamRZ 2004, Seite 1601).

Das OLG Köln (BtPrax 2007, Seite 255) hat entschieden, dass einem Berufsbetreuer, zu dessen Aufgabenkreis auch die Entgegennahme der Post des Betroffenen gehört, wegen der Kosten für einen Nachsendeantrag kein gesonderter Erstattungsanspruch zusteht. Der Argumentation, die geltend gemachten Kosten für den Nachsendeantrag seien solche, die eine Betreuung in diesem Aufgabenbereich erst ermöglichen und die deshalb nicht unter § 4 Abs. 2 VBVG fallen, kann aber m.E. nicht gefolgt werden. Vielmehr handelt es sich bei diesen Kosten um typische, anlässlich der Betreuung entstandene Aufwendungen.

Faustregel (die aber nicht bei allen Gerichten angewandt wird)

Handelt es sich um eine betreuerspezifische Tätigkeit, also um alles, was in den Aufgabenkreis des rechtlichen Betreuers fällt, so sind die Auslagen mit dem Pauschalbetrag abgegolten. Handelt der Betreuer als Vertreter des Betreuten in Angelegenheiten, die unabhängig von der Betreuung zu erledigen sind, etwa ein Nachsendeantrag, weil der Betroffene umgezogen ist, kann der Betreuer die Auslagen aus dem Vermögen des Betreuten entnehmen (die Staatskasse zahlt bei Mittellosigkeit nicht).

Fazit: Ich empfehle, die Sachlage ruhig mit dem zuständigen Rechtspfleger ein weiteres Mal zu besprechen. Sollten Sie mit dessen Vorgehen nicht einverstanden sein, soll er Sie schriftlich in Beschlussform anweisen. Dagegen könnten Sie dann beim Betreuungsgericht Beschwerde einlegen, worüber das Landgericht zu entscheiden hätte.

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Reinhold Spanl

Reinhold Spanl, Hochschullehrer a.D., vormals Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern, Fachbereich Rechtspflege; außerdem Referent zahlreicher Fortbildungsveranstaltungen im Erbrechts-, Vormundschafts- und Betreuungsbereich sowie Fachbuchautor.

 

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10. Juli 2016 | Kategorie: Allgemein, Urteile |