Bekanntgabe des Sachverständigengutachten oder Bestellung eines Verfahrenspflegers

Ohne Verfahrenspfleger keine Anordnung einer Betreuung in allen Bereichen

Der Fall: Das Amtsgericht bestellte für die an leichter Demenz leidende Betroffene einen Berufsbetreuer.

Seine Aufgabenkreise waren die Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung ohne die Entscheidung über die geschlossene Unterbringung, alle Vermögensangelegenheiten, die Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Kranken- und Pflegekassen sowie gegenüber der Heimverwaltung, alle Wohnungsangelegenheiten und die Postkontrolle der ein- und ausgehenden Post, soweit sie nicht ausdrücklich den persönlichen Bereich betraf.

Paragraph Urteil DHiergegen wurde von einem Beteiligten zunächst erfolglos Beschwerde eingelegt, erst die Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte Erfolg:

Der Beschluss des BGH vom 15.01.2014, Az. XII ZB 289/13

 

Der BGH rügte zwei Verfahrensfehler:

  • Für die Betroffene hätte ein Verfahrenspfleger bestellt werden müssen, weil der Beschluss des Amtsgerichts die Betreuung auf Aufgabenkreise erstreckte, die wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung der Betroffenen umfassen. Denn es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Instanzgerichte von ihrem Ermessen – einen Verfahrenspfleger zu bestellen – gar keinen Gebrauch gemacht haben.

Dies war ein Verfahrensmangel der Entscheidung, sodass die Rechtsbeschwerde erfolgreich war. Sie war es auch aus einem weiteren Grund:

  • Es ließ sich nach der Akte nicht feststellen, ob das Sachverständigengutachten der Betroffenen nach § 37 Abs. 2 FamFG bekannt gegeben wurde. Selbst wenn die Bekanntgabe unterblieb, weil dies die Gesundheit der Betroffenen schädigen oder zumindest ernsthaft gefährden könnte, hätte auch aus diesem Grunde ein Verfahrenspfleger bestellt werden müssen. Der Verfahrenspfleger hätte das Gutachten erhalten und es mit der Betroffenen besprechen können.

Aus diesen Gründen hatte der BGH die Entscheidung des Landgerichts wegen wesentlicher Verfahrensmängel aufgehoben.

Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis

Sachverständigengutachten sind entweder der Betroffenen bekannt zu geben oder aber es muss ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Erst recht sollten Sie darauf achten, dass in Betreuungen – in denen Sie für umfassende Aufgabenkreise als Betreuer eingesetzt werden – ein Verfahrenspfleger zur Wahrung der Rechte der Betroffenen vom Gericht bestellt wird.

10. Mai 2014 | Kategorie: Corinna Hell, Urteile |