Das seit 1992 geltende Betreuungsrecht wird reformiert. Berufsbetreuer müssen sich auf zahlreiche Änderungen und neue Anforderungen einstellen. Im Mittelpunkt der Reform steht die zentrale Frage:
Wie kann die Qualität in der Betreuungsarbeit verbessert und gesichert werden?
Wir geben Ihnen einen Überblick zum aktuellen Stand der Diskussion:
Im Juni 2018 startete das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen interdisziplinären Diskussionsprozess zu einer Reform in der rechtlichen Betreuung. Die Regierungsparteien hatten im Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode vereinbart, das Betreuungsrecht hinsichtlich der betreuungsrechtlichen Praxis strukturell zu verbessern. Grundlage für diese Initiative sind die Erkenntnisse aus einem vom BMJV durchgeführten Forschungsvorhaben zur „Selbstbestimmung und Qualität in der rechtlichen Betreuung“. Im August 2019 veröffentlichten die vier beteiligten Facharbeitsgruppen erste Ergebnisse zum Stand der Diskussion.
Wichtigstes Fazit: Nach Ansicht vieler Experten ist es nicht länger vertretbar, dass eine so verantwortungsvolle Tätigkeit wie die Berufsbetreuung ohne spezifische Ausbildung ausgeführt werden kann.
Wie kann die Qualität in der Betreuungsarbeit nach Ansicht der Fachexperten verbessert und gesichert werden?
In vier interdisziplinär besetzten Facharbeitsgruppen widmeten sich Expert/Innen aus Wissenschaft und Praxis sowie Vertreter/Innen von Behindertenverbänden, Berufs- und weiteren, im Betreuungswesen tätigen Verbänden, des Betreuungsgerichtstages e. V., den kommunalen Spitzenverbänden und den Ländern dieser zentralen Fragestellung. Handlungsbedarf sehen die Experten insbesondere in vier Themenfeldern:
Welche Neuerungen soll es in Bezug auf Ausbildung und Qualifikation von Berufsbetreuern geben?
Die an der Diskussion beteiligten Facharbeitsgruppen fordern – anders als im geltenden Recht – ein bundeseinheitliches Zulassungsverfahren und eine verpflichtende Mindestqualifikation.
Wörtlich heißt es dazu in der Vorlage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz:
„Es bestand ganz überwiegend Einigkeit darin, dass – anders als im geltenden Recht – die Anzahl der geführten oder in Aussicht genommenen Betreuungen nicht mehr das entscheidende Kriterium sein sollte, sondern dass die Einführung einer gesetzlich festgelegten Mindestqualifikation für berufliche Betreuer dringend erforderlich sei. Es sei nicht länger vertretbar, dass eine so verantwortungsvolle Tätigkeit wie die berufliche rechtliche Betreuung ohne jegliche Ausbildung ausgeführt werden könne.“
Wie eine solche Mindestqualifikation konkret ausgestaltet werden kann, ist allerdings noch offen. Diskutiert wird etwa, ob ein Studium notwendig sei oder eine abgeschlossene Berufsausbildung ausreiche. Auch die Frage, ob konkrete Studien- oder Ausbildungsinhalte und etwaige Zusatzqualifikationen festgelegt oder vorherige Berufserfahrung erforderlich sein wird, ist noch nicht beantwortet. Deutlich wurde jedoch, dass auch weiterhin ein Seiteneinstieg in den Beruf möglich bleiben sollte.
Auch die Einführung eines gesetzlich geregelten Zulassungsverfahrens halten die Experten für notwendig. Dafür sollen bundeseinheitliche Kriterien festgelegt werden. Die erfolgte Zulassung soll dann auch bundesweite Gültigkeit besitzen. Vorgeschlagen wurde, ein bundesweites Register einzuführen. Hier würden dann insbesondere die erfolgte Zulassung, die aktuellen Fallzahlen, aber auch sonstige relevante Informationen (z. B. besondere Kenntnisse oder Qualifikationen) erfasst.
Großes Einverständnis bestand in den Fachgremien darüber, dass die Bereitschaft zur Fortbildung in regelmäßig wiederkehrenden Abständen zu fordern sei.
Zertifizierte Vereins-/Berufsbetreuung
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf unsere Fernkurse, in denen Sie sich als Berufsbetreuer nachweislich Qualifikationen aneignen können.
Auch Betreute sind aktiv in den Reformprozess eingebunden
Auch von rechtlicher Betreuung betroffene Personen konnten sich in einem Workshop zu ihren Erfahrungen und Erwartungen äußern. Die eingebrachten Aspekte sollen bei den Reformschritten so weit wie möglich berücksichtigt werden. Die Teilnehmer sprachen sich u. a. für eine Verbesserung der Information und Aufklärung der Betroffenen vor der Einrichtung einer rechtlichen Betreuung, aber auch während der laufenden Betreuung aus. Weiterhin wurde der Wunsch nach einer verbesserten Mitsprache bei der Betreuerauswahl sowie nach einer stärkeren Einbeziehung zu Beginn und während der Betreuung deutlich. Hilfreich seien etwa mindestens ein jährliches Gespräch mit dem Betreuer über den Gang der Betreuung, die Anwesenheit bei wichtigen Entscheidungen und ein Bestimmungsrecht bei der Verwaltung der Finanzen.
Wie geht es jetzt weiter mit der geplanten Betreuungsrechts-Reform?
Noch im Herbst 2019 will das BMJV ein erstes Gesamtkonzept mit Formulierungsvorschlägen in den vier Facharbeitsgruppen präsentieren und zur Diskussion stellen. Ziel ist es, Ende 2019 in der abschließenden Plenumssitzung Bilanz zu ziehen und dann zu entscheiden, welche konkreten Gesetzgebungsvorschläge auf den Weg gebracht werden.
Aktuell informiert auf den Berufsbetreuertagen 2020
Die Betreuungsrechts-Reform ist auch Thema auf den Berufsbetreuertagen 2020 der BeckAkademie Fernkurse.
Rechtsanwalt Martin Weber wird die Teilnehmer im Detail über den aktuellen Stand der Reform im Betreuungsrecht informieren. Damit Sie als Berufsbetreuer genau wissen, worauf Sie sich 2020 einstellen müssen.Erfahren Sie alle Neuerungen aus erster Hand – und melden Sie sich gleich hier zu den Berufsbetreuertagen 2020 am 31. Januar und 01. Februar 2020 in Köln an.