Wie Sie als Berufsbetreuer mit Haftungsfallen sicher umgehen

Haftungsrisiken im Betreuungsalltag erkennen und vermeiden

Als rechtlicher Betreuer unterliegen Sie in Ihrer Amtsausübung zahlreichen Haftungsrisiken, etwa im Bereich der Vermögenssorge oder der Heilbehandlung im Rahmen der Personensorge.

Die genaue Kenntnis der Haftungstatbestände hilft Ihnen dabei, mögliche Haftungsfallen frühzeitig zu erkennen und Schäden zu vermeiden. In den zertifizierten Weiterbildungsangeboten der BeckAkademie Fernkurse ist die Betreuerhaftung daher ein wichtiger Kernbereich.

Sind Unkorrektheiten im Betreuungsalltag an der Tagesordnung?

„Die Betreuungsfalle: hilflos, ausgenutzt, betrogen?“ – so lautete im vergangenen Jahr der Titel einer bekannten TV-Talkrunde. Auch Printmedien machen immer wieder mit ähnlichen Schlagzeilen auf: „Berufs-Betreuer prellt Rentner (83) um mehr als 10.000 Euro“ (Express), „Berufsbetreuerin soll Klienten ausgenommen haben“ (Welt), „Betreuerin prellt schwerbehinderte Frau“ (Sächsische Zeitung) oder „Betreuer veruntreut Goldmünzen“ (Generalanzeiger). Die Berichterstattung erweckt fast den Eindruck, dass Betrug im bei der Betreuung von Hilfsbedürftigen an der Tagesordnung zu sein scheint.

Schaut man sich jedoch die Statistik der tatsächlich bekannt gewordenen Haftungsfolgen straf- oder zivilgerichtlicher Art an, ergibt sich ein anderes Bild. Angesichts 1,4 Millionen in unter rechtlicher Betreuung stehender Menschen in Deutschland machen Unkorrektheiten nur eine sehr geringe Zahl aus. Sicherlich gibt es auch unter Berufsbetreuern schwarze Schafe. Verfehlungen Einzelner werden jedoch häufig zu Unrecht verallgemeinert.

Denn die Mehrheit der Berufs- und Vereinsbetreuer übt ihre anspruchsvolle Aufgabe verantwortungsbewusst und zum Wohle ihrer Klienten aus.

Rechtliche Betreuung ist eine anspruchsvolle Aufgabe

Als beruflicher Betreuer müssen Sie eine Fülle von Kompetenzen in Ihren Betreueralltag einzubringen. In der Ausübung Ihrer Aufgabe unterliegen Sie zahlreichen Haftungsrisiken. Sind Ihnen umfangreichen gesetzlichen Vorschriften nicht ausreichend bekannt, laufen Sie Gefahr, aufgrund haftungsrelevanter Pflichtverletzungen mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Gute rechtliche Kenntnisse, vom bürgerlichen Recht und Verfahrensrecht bis zum Sozialrecht, sind deshalb zwingend notwendig.

Die rechtliche Lage ist eindeutig

Bekommen Sie als Betreuer vom Betreuungsgericht eine Betreuung übertragen, müssen Sie stets zum Wohl des betreuten Menschen handeln. Dabei sind Sie verpflichtet, sich in Ihren Entscheidungen am mutmaßlichen Willen des Betroffenen zu orientieren.

Für Schäden, die aus einer schuldhaften Pflichtverletzung bei der Amtsführung entstehen, haften Sie gegenüber dem Betreuten. Gemäß §§ 1833 BGB begeht ein rechtlicher Betreuer immer dann eine Pflichtverletzung, wenn er anders handelt, als es ihm durch seine Betreuerpflichten vorgeschrieben ist. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, bestimmt sich vor allem danach, welche Aufgabenkreise dem Betreuer durch das Betreuungsgericht übertragen wurden.

Dabei haben Sie als Berufsbetreuer für jedes Verschulden einzustehen, sowohl bei Vorsatz, grober Fahrlässigkeit als auch bei einfacher Fahrlässigkeit. Und Sie wissen, wie leicht auch erfahrenen Betreuern unbeabsichtigt ein Fehler unterlaufen kann. Sei es, weil die Einarbeitung unzureichend war, die Fallzahl sehr hoch und der Stress groß ist oder weil die Beratung und Unterstützung durch andere Institutionen ungenügend ist.

Angesichts dieser rechtlichen Situation verwundert es nicht, dass Berufsbetreuer mitunter das Gefühl haben, sie stünden bei der Ausübung ihrer täglichen Aufgaben mit einem Bein im Gefängnis.

„Im Betreuungsalltag werden Haftungsrisiken oft erst viel zu spät erkannt und keine Vorkehrungen getroffen, um eine Haftung von vorherein zu vermeiden“, erklärt Martin Weber, Fachanwalt für Familienrecht, der als Dozent an der BeckAkademie Fernkurse Berufsbetreuer unterrichtet.

Betreuerhaftung – Topthema auf den Berufsbetreuertagen 2021

 

Wie finde mich als Berufsbetreuer im Dschungel der Rechtsnormen
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Welche Haftungsrisiken birgt der Betreuungsalltag?
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Für welche Arten der Pflichtverletzung müssen Berufsbetreuer haften?

Unter den Begriff „Pflichtverletzung“ fallen alle Verstöße gegen eine vom Gesetz oder Betreuungsgericht auferlegte Verpflichtung. Im Wesentlichen werden dabei drei Schadenkategorien unterschieden: Personenschäden, Sachschäden und Vermögensschäden. Als Kompensation kommen Schmerzensgeld und eine Ersatzpflicht infrage. Die Pflichtverletzung und das Verschulden müssen dem Betreuer nachgewiesen werden.

Hat der Betreuer im Rahmen der Erledigung seiner Aufgabe einem Dritten bei einem Rechtsgeschäft (z.B. bei einem Kaufvertrag) einen Schaden zugefügt, so haftet hierfür zunächst der Betreute. Im Innenverhältnis ist der Betreuer dem betreuten Menschen gegenüber schadensersatzpflichtig. In einigen Fällen haftet der Betreuer Dritten gegenüber direkt: etwa, wenn er die Aufsichtspflicht verletzt, in eigenem Interesse oder außerhalb des vom Gericht angeordneten Aufgabenkreises handelt.

 

Folgende Fallbeispiele veranschaulichen mögliche Pflichtverletzungen in den verschiedenen Aufgabenkreisen:

Im Bereich der Personensorge gilt es als Verletzung gesetzlich vorgeschriebener Pflichten, wenn der rechtliche Betreuer es unterlässt, Sozialhilfe rechtzeitig zu beantragen.

  • Im Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung urteilte die Rechtsprechung, dass eine zwangsweise Verbringung eines Betreuten in ein Altenpflegeheim gegen seinen Willen einen Verstoß gegen die Betreuungspflichten darstellt.
  • Im Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten sah das Landgericht Berlin eine Pflichtverletzung darin, dass die Wohnungsauflösung einer Mietwohnung verspätet erfolgte und dadurch unnötige Miet- und Nebenkosten entstanden.
  • Klassiker im Bereich der Betreuerhaftung im Aufgabenkreis Behördenangelegenheiten ist die nicht rechtzeitige Antragstellung auf die Erbringung oder Erhöhung von Sozialleistungen sowie das Unterlassen eines Rechtsmittels gegen ablehnende oder falsche Bescheide.
  • Eine Pflichtverletzung stellt im Bereich Gesundheitssorge die Nichteinholung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bei Einwilligung in einen risikoreichen ärztlichen Eingriff (§ 1904 BGB) dar.
  • Ist dem Betreuer nur der Bereich Gesundheitssorge übertragen, nicht aber auch der Bereich Aufenthaltsbestimmung, begeht er eine Pflichtverletzung, wenn er eine freiheitsentziehende Unterbringung des Betreuten veranlasst.

Empfehlung: Vergewissern Sie sich immer wieder, dass Ihr Handeln durch den vom Gericht beschlossenen Aufgabenkreis legitimiert ist.

  • Beispiele für Verletzungen von Pflichten aus dem Bereich der Vermögenssorge sind:
    • der voreilige Verkauf eines Hausgrundstücks in Zeiten ansteigender Preise,
    • die Anlage von Geld des Betreuten, das dieser nicht aktuell benötigt, mit einem zu geringen Zinssatz,
    • die Unterhaltsabfindung zuungunsten des Betreuten,
    • die Geldanlage in (unsicheren) ausländischen Wertpapieren,
    • das Unterlassen, Gewinne des Betreuten geltend zu machen.

Empfehlung: Eine Pflichtverletzung im Bereich der Vermögenssorge wird immer dann geprüft, wenn der Betreute einen Vermögensnachteil erlitten hat. Dies ist in vielfältigen Konstellationen denkbar. Prüfen Sie als Betreuer deshalb immer, ob ein Rechtsgeschäft wirtschaftlich angemessen ist, selbst wenn eine Genehmigung durch das Betreuungsgericht erfolgt ist.

Haftung aufgrund unerlaubter Handlungen

Betreuer haften aber nicht nur aufgrund von Pflichtverletzungen, sondern auch nach den zivilrechtlichen Vorschriften der unerlaubten Handlung. Verletzt ein Betreuer beispielsweise ein Rechtsgut des Betroffenen, so haftet er – unabhängig vom Betreuungsverhältnis – auch nach diesen Haftungsnormen. Eine Schutzgesetzverletzung kann beispielsweise fahrlässige Körperverletzung, Freiheitsberaubung oder eine Sachbeschädigung einer dem Betreuten gehörige Sache sein. Häufigster strafrechtlicher Vorwurf im Rahmen einer Betreuung ist die Freiheitsberaubung nach § 239 StGB. Danach wird mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe bestraft, wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt. Auch die Möglichkeit von Körperverletzungen nach § 223 ff StGB ist in der Betreuungspraxis im Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen ein wichtiges Thema.

Empfehlung: Freiheitsentziehende Maßnahmen wie etwa das Fixieren des Betreuten bedürfen grundsätzlich der richterlichen Genehmigung. Da die Grenze zwischen genehmigungsfreier und genehmigungspflichtiger Behandlung oftmals fließend ist, sollten Sie im Zweifel ebenfalls eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.

Auch im Bereich des Steuerrechts gibt es eine Vielzahl von Pflichten des Betreuers. Verletzt dieser die steuerrechtlichen Pflichten des Betreuten, kann er sowohl vom Betreuten als auch vom Fiskus schadensersatzpflichtig in Anspruch genommen werden. Vermögensrechtliche Delikte werden zwar häufig in den Medien thematisiert, aber Betreuern eher in selteneren Fällen zur Last gelegt. Dies kann eine Unterschlagung von Geld oder Wertsachen, Diebstahl, Urkundenfälschung oder auch Untreue sein. Veräußert beispielsweise ein Betreuer ein Grundstück eines Betreuten deutlich unter Wert an eine dem Betreuer nahestehende Person, erfüllt dies nach gängiger Rechtsprechung den Tatbestand der Untreue.

Wie können Sie als rechtlicher Betreuer Ihr Risiko der persönlichen Haftung mindern?

Durch eine sorgfältige Amtsführung vermeiden Sie mögliche Haftungsvorwürfe und mindern Ihr persönliches Haftungsrisiko. Dabei bergen die weniger offensichtlichen Risiken meist die größten Haftungsfallen für Sie als Betreuer. Die frühzeitige, intensive und kontinuierliche Auseinandersetzung mit Haftungsrisiken ist deshalb unabdingbar.

Auch deshalb sind die Themen Betreuerhaftung, Vermögenssorge und freiheitsentziehende Maßnahmen wichtige Kernbereiche der zertifizierten Lehrgänge, Fort- und Weiterbildungskurse der BeckAkademie Fernkurse. Unsere praxiserfahrenen Experten erläutern ausführlich alle Rechte und Pflichten, die Sie beachten müssen, um rechtlich abgesichert und fachlich hoch qualifiziert zu betreuen. So erwerben Sie als Berufsbetreuer nachhaltiges Wissen, das Ihnen hilft, sich vor teuren Haftungsfallen zu schützen.

 

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22. Juni 2020 | Kategorie: Berufsbetreuertage |