Gerade wenn ein Ermittlungsverfahren gegen Ihren Betreuten geführt wird, kann sich unter Umständen die Staatsanwaltschaft an Sie wenden mit dem Ersuchen um Akteneinsicht in Ihre Betreuungsakten.
Der Fall (Beschluss des OLG Köln, Az. 7 VA 2/13)
Die Staatsanwaltschaft Aachen hatte einen Antrag auf Einsichtnahme in die Betreuungsakte gestellt und im Wege der Amtshilfe Akteneinsicht beantragt. Sie wollte so die Schuldfähigkeit des Betreuten in dem Strafverfahren klären. Die Betreuerin und gleichzeitige Verteidigerin im Ermittlungsverfahren des Betreuten hatte keine uneingeschränkte Zustimmung zur Übersendung der Betreuungsakte an die Staatsanwaltschaft Aachen erteilt. Sie hatte sich nämlich auf eine psychische Erkrankung berufen, so dass die Schuldfähigkeit möglicherweise ausgeschlossen war.
Die Justizverwaltung des Betreuungsgerichts hatte die Einsichtnahme jedoch bewilligt. Hiergegen richtete sich der Antrag der Betreuerin nach § 23 Abs. 1 EGGVG. Denn die Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch durch die Justizverwaltung ist ein Justizverwaltungsakt, der nach § 23 ff. EGGVG zur Überprüfung gestellt werden kann.
Der Antrag der Betreuerin war nicht nur formal richtig gestellt sondern er war auch begründet: Da zunächst keine Zustimmung des Betreuten zur Einsichtnahme in die Betreuungsakte vorlag, war vom Oberlandesgericht (OLG) Köln eine Abwägung des mit der Akteneinsicht verfolgten Informationsinteresses der Staatsanwaltschaft mit dem schutzwürdigen Interesse des Betreuten an der Geheimhaltung vorzunehmen.
Dabei entschied das OLG Köln, dass das Interesse des Betreuten an der Geheimhaltung der in der Betreuungsakte enthaltenen Informationen über seine persönlichen Verhältnisse das mit der Akteneinsicht verfolgte Informationsinteresse der Staatsanwaltschaft überwog. Die Betreuungsakten unterliegen der Geheimhaltung, weil sie in der Regel höchstpersönliche Daten sowie ärztliche Stellungnahmen oder Gutachten über den Gesundheitszustand und die persönlichen Lebensumstände des Betreuten enthalten.
Das OLG Köln nahm eine strenge Güterabwägung vor, unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Danach ist eine Einsicht in die Betreuungsakte nicht zulässig. Nur die ärztliche Stellungnahme könne übermittelt werden, da sie zur Prüfung der Schuldfähigkeit benötigt werde. Im Ergebnis hatte die Betreuerin schließlich in die Übermittlung eines fachärztlichen Gutachtens eingewilligt.
Bedeutung der Entscheidung für Ihre Betreuungspraxis
Wenn Sie in einem Strafverfahren die fehlende Schuldfähigkeit Ihres(r) Betreuten nachweisen wollen mit der Folge, dass das Verfahren unter Umständen eingestellt wird, so sollten Sie nach Möglichkeit die Frage der Beweisführung durch Einsicht in die Betreuungsakte mit Ihrem Betreuten erörtern. In der Regel wird es ihm nicht recht sein, persönliche Umstände zu offenbaren. Oftmals genügt stattdessen ein fachärztliches Gutachten, etwa über die Einrichtung der Betreuung.